Gst., Lüd-- und Westafrina. (November 1. Hälfte —19.) 345
die Politik ausüben würden. Und drittens soll der Unterthaneneid, der den
Goldgräbern zugeschoben wird, so abgefaßt sein, daß er nicht den Verlust
der englischen Nationalität herbeiführe. Mit andern Worten, die Boern
sollen Swaziland für die Engländer warm halten und mittlerweile die Kosten
der Verwaltung tragen dürfen.
1. Hälfte November. (Afrikakonferenz in Brüssel.) In
Brüssel versammelt sich eine Konferenz von Vertretern der am Ber-
liner Kongovertrag beteiligten Mächte zum Zweck der Regelung
der Territorialfragen und der Abschaffung des Sklavenhandels.
8. November. In Port Durnford an der Somaliküste, nörd-
lich von Witu, wird die deutsche Flagge gehißt.
1. Hälfte November. (Die Deutsche Kolonial-Gesell-
schaft für Südwestafrika) beschließt, ihr Besitztum bis auf den
südlichen Teil, welcher den ersten deutschen Kolonialbesitz darstellt,
d. h. Lüderitzbucht (Angra Pequenna) mit dem dazu gehörigen
Hinterland vom 26. Gr. s. Br. bis zum Oranjeflusse zu verkaufen.
11. November. (Die Deutsche Ostafrikanische Gesell-
schaft) willigt ein, die Zollniederlagen (sogenannte Godowns) dem
Sultan von Sansibar wieder zu übergeben.
19. November. (Neue italienische Besitzergreifung in
Ostafrika.) Die offiziöse „Agenzia Stefani“ veröffentlicht folgende
Notiz:
„Die italienische Regierung hat heute den Signatarmächten der Ge-
neralakte der Berliner Konchw-Konsernnz mitgeteilt, daß sie am 15. November
1889 das Protektorat über die Teile der Ostküste von Afrika übernommen
hat, welche zwischen den 1886 als dem Sultan von Sansibar gehörig an-
erkannten Ortschaften liegen. Die Nordgrenze des neuen Protektorats fällt
mit der Südgrenze des Sultanats von Opia zusammen, das schon laut einer
vom 16. Mai 1888 den Mächten zugegangenen Kundgebung unter italieni-
sches Protektorat gestellt worden ist."“
Die „Post“ bemerkt zur Erklärung dieser Notiz:
Dieses Protektorat schließt sich nördlich an das neue deutsche Schutz-
gebiet an, welches bis Kismayna geht; von dort bis zur Nordgrenze des
Gebietes von Obbin, welches sich selbst von 2°% 30°“ n. Br. bis nach Ras
Auad erstreckt, ist also jetzt die Küste von Italien okkupiert. Es ist damit
die ganze ostafrikanische Küste, mit Ausnahme der nordöstlichen Spitze, unter
die europäischen Mächte verteilt. Daß Italien mit Obbin, welches ein ganz
unbedeutendes Gebiet ist, sich nicht begnügen würde, lag auf der Hand,
nachdem die englische Gesellschaft die dem Sultan von Sansibar gehörigen
Somali-Häfen übernommen hatte. Empfindlich ist dieser Schlag für die
Prätensionen der Engländer, welche, im Besitze der Häfen, auf das Hinter-
land ihre Augen geworfen hatten. Da die italienische Regierung für Obbin
die privatrechtlichen Ansprüche der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft an-
erkannt hat, so wird sie dies wahrscheinlich auch für ihr neues Schutzgebiet
thun. Gegen die Uebernahme des Protektorats seitens der Italiener werden
die Engländer nicht viel einwenden können, da die äußeren Formen gewahrt
sind. Die Schwierigkeiten, auch für Italien, kommen erst später, wenn es