26 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Febr. Anf.—6.)
lich einer Audienz, die er dem frk. Abg. Landrat Kelch erteilte,
mißbilligend über die Haltung der „Kreuzzeitung“ unter der Lei-
tung ihres gegenwärtigen Chefredakteurs v. Hammerstein ausge-
sprochen.
Anf. Februar. (Erhöhung der Krondotation.) Dem
Abgeordnetenhause geht nachstehender Entwurf eines Gesetzes, be-
treffend die Erhöhung der Krondotation zu:
§ 1. An den Kronfideikommißfonds wird, außer der auf die Ein-
künfte der Domänen und Forsten angewiesenen Rente von 7,719,296 Mark
und außer der Rente von im ganzen 4,500,000 Mark vom 1. April 1889
ab eine weitere jährliche Rente von Drei Millionen und Fünfmalhundert
Tausend Mark aus der Staatskasse gezahlt.
§ 2. Das Schloß zu Kiel nebst den zu demselben gehörenden Ge-
bäuden und dem eingefriedigten Garten wird der ausschließlichen Benutzung
des Königs, unter Uebernahme der Unterhaltungslast auf den Kronfidei-
kommißfonds, vorbehalten.
Am 6. Februar verweist das Haus der Abgeordneten den Gesetzent-
wurf über die Erhöhung der Krondotation auf Antrag des Abg. Frhrn.
v. Schorlemer-Alst an seine Budgetkommission.
Am 9. Februar erfolgt die zweite Beratung.
Die Diskussion beschränkt sich dabei auf den kurzen mündlichen Be-
richt des Referenten der Budgetkommission, Abg. v. Tiedemann-Bomst, und
die kurzen Erklärungen, welche die Abgg. Richter, Zelle und Birchow ab-
gaben. Abg. Richter erklärt namens der acht freisinnigen Abgeordneten,
welche gegen die Erhöhung der Krondotation stimmten (Halberstadt, Otto,
Hermes, Langerhans, Munckel, Papendick, Parisius, Richter, Schmieder),
daß ein Bedürfnis zu einer dauernden Erhöhung der Kronfideikomm ißrente
im Betrage von 3 1/2 Millionen Mark nicht nachgewiesen sei. Für die 16
Mitglieder der freisinnigen Partei, welche dem Entwurf zustimmten, gibt
Abg. Zelle eine Erklärung ab, welche die in der Begründung der Vorlage
erwähnten Gründe als zutreffend anerkennt. Abg. Birchow erklärt für seine
Person, daß er ein Bedürfnis für die Erhöhung nicht zu bestreiten im stande
sei, aber auch in Ermangelung näherer Mitteilungen nicht zu bemessen ver-
möge und deshalb sich der Abstimmung enthalten müsse. Vier Mitglieder
der freisinnigen Partei waren bei der Abstimmung nicht anwesend.
Die „Freis. Zeitung“ bemerkt zu diesem Verhalten ihrer
Partei:
Es fehlt nicht an allerlei geschäftigen Federn, welche von rechts und
links her sich bemühen, innerhalb der greisinnigen Partei Unfrieden und
Streit aus Anlaß der verschiedenen Abstimmung zu erregen. Es handelt
sich im vorliegenden Falle weder um einen Programmpunkt, noch um eine
politische Prinzipienfrage, sondern einfach um die ziffernmäßige Beurteilung
einer Bedürfnisfrage, welche nach individueller Auffassung verschieden beur-
teilt werden kann. Auch im Jahre 1868 stimmte die Fortschrittspartei in
der Frage der Erhöhung der Krondotation geteilt.
6. Februar. (Der Gesskenprozeß vor dem Reichstage.)
Bei dem Etatposten „Reichskanzler und Reichskanzlei“ kommt es
zu einer Debatte über den Prozeß Gessken.
Begonnen wird diese mit einer Rede des Abg. Munckel (dfr.), der