Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechster Jahrgang. 1890. (31)

Das denische Keich und seine einzelnen Glieder. (Juni 23.—26.) 100 
könne verschiedener Meinung darüber sein, was als Preis für die Erfüllung 
einer solchen nationalen Forderung zu gewähren sei. 
23. Zuni. (Reichstag.) Der Gesetzentwurf über die Ge- 
werbegerichte wird in zweiter Lesung, doch mit beträchtlichen 
Veränderungen angenommen. 
24. Juni. Der Direktor der Deutsch-Ostafrikanischen 
Gesellschaft, Vohsen, veröffentlicht ein längeres Schreiben, in 
welchem er der Auffassung entgegentritt, als ob durch die Abtretung 
der Insel Sansibar der wirtschaftliche Wert des deutschen Besitzes 
in Ostafrika bedeutend geschädigt sei. 
„Wenn Sansibar vom Festlande politisch getrennt ist, schwinde die 
wirtschaftliche Bedeutung Sansibars als Haupthandelsplatz Ostafrikas, und 
bei der Trennung des Zollsystems lassen sich an der Küste des Festlandes 
mit Leichtigkeit gleich bedeutende Handelsmittelpunkte ins Leben rufen unb 
den Export= wie den Importhandel nach denselben leiten."“ 
24. Juni. Oberbürgermeister Dr. Miquel wird an Stelle 
des Herrn v. Scholz zum Finanzminister ernannt. 
24.—26. Juni. (Reichstag.) Zweite Beratung des Mili- 
tärgesetzes. Abg. Rickert: 
Meine verehrten Herren, ich kann auch mit den Worten meine Aus- 
führungen beginnen, die der Herr Referent, wenn auch darüber in der Kom- 
mission nicht verhandelt ist, hier glaubte verpflichtet zu sein in den Vorder- 
grund zu stellen. Ich stimme ihm ganz bei, wenn er sagt, daß die Rüstungen, 
welche die deutschen Fürsten und die Volksvertretung beschließen, keinen an- 
deren Zweck haben als den, zu erhalten, was wir haben, daß Deutschland 
einen Gedanken an Eroberungen irgend welcher Art nicht hat und seiner 
ganzen Natur nach nicht haben kann. Ich gehe sogar weiter: ich behaupte, 
daß das Expansionsbedürfnis — wie der Herr Referent sich ausdrückte — 
der deutschen Nation sich nicht einmal auf Afrika in dem Maße richtet, 
wie es in den letzten Jahren den Anschein hatte. Wir sind in der That 
eine friedliche Nation und wollen in Nuhe gelassen sein; wir wollen Raum 
und Zeit zu friedlicher Arbeit haben. Ich glaube auch, daß die ganze 
Kulturwelt in dieser Beurteilung des deutschen Volkes einig ist. Es ist 
zweifellos, daß die deutsche Nation, nachdem sie errungen hat, wonach sie 
Jahrhunderte strebte, nur das dringende Bedürfnis fühlt, auch den gegen- 
wärtigen Besitzstand in jeder Beziehung zu erhalten. Unter allen Parteien 
herrscht darüber vollkommenes Einverständnis; und wenn wir auseinander- 
gehen, so handelt es sich lediglich um die Beurteilung des Maßes des- 
jenigen, was notwendig ist, und um die Beurteilung der Schonung der 
dauernd der Nation nötigen wirtschaftlichen und finanziellen Kräfte. Sie 
wollen daher von diesem Gesichtspunkte aus unsere Meinung, die wir aus- 
sprechen wollen, beurteilen. 
Darin stimme ich mit dem Herrn Referenten nicht überein, daß die 
Ausführungen des Herrn Kriegsministers in der Kommission — und diese 
Ausführungen waren ja auch diejenigen des Herrn Reichskanzlers nur, 
wie er sagt, ein relatives Interesse hätten; sie hätten eine gewisse Unsicher- 
heit in der Kommission hervorgerufen. Das lißtere gebe ich zu. Biel mehr 
Unsicherheit aber haben die finanziellen Erklärungen des Herrn Schatz- 
sekretärs in der Kommission hervorgerufen, als die Erklärungen des Herrn 
 
	        
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