4 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder (Januar 17.- 24. )
Nach dreitägiger Debatte wird der Antrag Richter mit 210
gegen 106 Stimmen in namentlicher Abstimmung abgelehnt, nach-
dem der Abg. Oechelhäuser (natlib.) „namens des größten Teils
seiner politischen Freunde“ erklärt hat:
„daß wir mit der Ermäßigung der Getreidezölle auf den Stand von
1887 durchaus einverstanden sind. Da indes Abg. Richter erklärt hat, daß
er in eine Trennung seines Antrages nicht willigen würde, und bei der vor-
gerückten Zeit verzichte ich auf die Einbringung eines besonderen Antrages.
Im übrigen sind wir der Meinung, daß eine generelle Reform des Zolltarifs
nur auf dem Wege der internationalen Vereinbarung ratsam ist."
17. Januar. Der Präsident des Reichstages v. Levetzow bringt
dem Abg. Windthorst zur Feier seines 80. Geburtstages im Namen
des Reichstages einen Glückwunsch dar.
22. u. 23. Januar. (Reichstag.) Antrag Barth betr. Auf-
hebung des Schweine-Einfuhrverbots.
Nachdem die Regierungsvertreter erklärt haben, daß die Aufhebung
von der Herstellung wirksamer sanitärer Schutzmaßregeln in Amerika ab-
hänge, wird der Antrag mit 133 gegen 106 Stimmen abgelehnt.
24. Januar. (Abgeordnetenhaus.) Sperrgelder-Gesetz.
Erste Beratung (vgl. 1890 S. 61 ff.):
Vorlage:
Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des § 9 des Gesetzes, be-
treffend die Einstellung der Leistungen aus Staatsmitteln für die römisch-
katholischen Bistümer und Geistlichen, vom 22. April 1875.
Art. 1. Von denjenigen Beträgen, welche auf Grund der gemäß
§ 1 des Gesetzes vom 22. April 1875 erfolgten Einstellung der Leistungen
aus Staatsmitteln aufgesammelt sind, werden nach Inkrafttreten gegenwärtigen
Gesetzes 1. an das Erzbistum Köln 3,267,619 M 75 Pf., 2. an das Erz-
bistum Gnesen-Posen 1,954,205 M 27 Pf, 3. an das Bistum Kulm
983, 565 M. 37 Pf. 4. an das Bistum Ermland 1,037, 239 M 34 Pf., 5. an
das Bistum Breslau 1 ,482,893 M 98 Pf., 6. an das Bistum Hildesheim
681,334 M. 65 Pf., 7. an das Bistum Osnabrück 325,865 M 35 Pf., 9. an
das Bistum Paderborn 1,182,364 M 57 Pf., 9. an das Bistum Münster
1,535,266 M 90 Pf., 10. an das Bistum Trier 2,122,421 M 91 Pf., 11.
das Bistum Fulda 823,819 M 35 Pf., 12. an das Bistum Limburg 570,4164 M
31 Pf. 13. an das Erzbistum Prag 33,893 M 29 Pf., 14. an das Erzbistum
Olmütz 6865 M 11 Pf. 15. an das Erzbistum Freiburg 1561 M 87 Pf., zu-
sammen 16,009,333. M 2 Pf. herausgezahlt.
Art. 2. Aus den im Artikel 1 aufgeführten Summen werden seitens
der betreffenden Diözesanoberen die von Instituten und Personen erhobenen
Ansprüche, soweit sie für begründet erachtet werden, nach Maßgabe der den
Bistümern herausgezahlten Mittel befriedigt. Zu diesem Behufe wird in
jeder Diözese bezw. in jedem preußischen Diözesananteile seitens des Diözesan-
oberen eine Kommission, bestehend aus drei Geistlichen und zwei zum Richter-
amte befähigten, aber nicht im unmittelbaren Staatsdienste stehenden Laien,
eingesetzt. Dieselbe entscheidet über die erhobenen Forderungen endgültig
unter Ausschluß des Rechtsweges.
Art. 3. Die übrig bleibenden Beträge werden von den Diözesan-
oberen für kirchliche Zwecke der Diözesen bezw. der preußischen Diözesan-