I.
Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder.
2. Januar. (Sachsen.) Der Geh. Regierungsrat v. Seyde-
witz wird zum Minister des Kultus und öffentlichen Unterrichts
ernannt.
5. Januar. Reichstagsstichwahl in Hildesheim. Im ganzen
werden abgegeben 19,561 Stimmen, hiervon für Amtsrat Sander-
Himmelsthür (nationalliberal) 11,220 Stimmen, für Gutsbesitzer
Bauermeister-Heyersum (Zentrum) 8341 Stimmen. Der Wahlkreis
war bisher in welfischem Bestitz.
— Die Bestrebungen auf Revision des deutsch-konserva-
tiven Programms erhalten Licht durch einen Artikel der „Allge-
meinen Konservativen Monatsschrift“, in dem es heißt:
„Ist die Verselbständigung der evangelischen Kirche eine Notwendig-
keit, oder ist sie es nicht? Wenn sie es aber ist, warum erhebt man sie nicht
zum Programmpunkt? Warum geht man nicht über die Halbheiten, die
den unchristlichen und unbiblischen Summepiskopat retten wollen,
zur Tagesordnung über? Gewisse Anfänge in der jüngsten preußischen Ge-
neralsynode sind sicherlich hocherfreulich. Wenn aber die Gefahr, die beseitigt
werden soll, daß nämlich alle kirchlichen Fragen zunächst in die Politik
eingetaucht und nicht nach kirchlichen, sondern nach politischen Rücksichten
entschieden werden, eben sowohl von einem katholischen oder stark politisch
gerichteten summus episcopus, wie von einem interkonfessionellen Landtag
ausgehen kann, so wissen wir wirklich nicht, warum man den letzteren mit
Pathos bekämpfen, den ersteren aber ruhig bei Bestand lassen will.“
Sodann auf sozialpolitischem Gebiete:
„Wir erklären zunächst offen, keine bessere und zutreffendere program-
matische Skizze der gegenwärtigen Lage bisher gelesen zu haben, als wie sie
im ersten allgemeinen Teile des neuen, in Erfurt festgestellten sozialdemokra-
tischen Programms gegeben ist. Gewiß sind eine ganze Reihe von erheblichen
Uebertreibungen darin. Es gibt ja auch aufhaltende Momente jener dort
geschilderten Bewegung, welche den Mittelstand zerstört und verschwinden
läßt. Auf der anderen Seite zeigt aber auch jede, auch die neueste Reichs-
tagsdebatte über die Handwerkerfrage, das dem alten Mittelstande schlechter-
Europ. Geschichtskalinder. Bd. XXXIII. 1