Bas Denisqhe Reich und seine einzelnen Glieder. (Nov. Ende.) 159
mäßigen Thätigkeit der Wohlgesinnten aus allen Kreisen der Bevölkerung.
Hierbei anregend und fördernd voranzugehen, ist eine der ersten Aufgaben
der Organe der königlichen Staatsregierungen, deren ernste Erfassung und
Befolgung ich nicht ernstlich genug empfehlen kann.
Vor allem werden diejenigen Kreise in das Auge zu fassen sein,
welche der sozialdemokratischen Verführung vornehmlich ausgesetzt find, die
wirtschaftlich Schwachen, namentlich die Arbeiter aller Gattungen, aber auch
die anderen Angestellten in privaten und öffentlichen Diensten. Sollen diese
vor dem Einfluß der Sozialdemokratie bewahrt oder zur Abkehr von der-
selben bestimmt werden, so ist dafür die unerläßliche Voraussetzung, daß
diejenigen, zu denen sie im Abhängigkeitsverhältnisse stehen, die Arbeitgeber,
Vorgesetzte, Prinzipale, in dem Geiste, auf welchem die allerhöchste Botschaft
vom 17. November 1881 und die allerhöchsten Erlasse vom 4. Februar 1890
beruhen, sich durchdringen und neben der gebotenen Fürsorge auch die Pflege
persönlicher Beziehungen und der Erkenntnis der gemeinsamen Interessen,
sewie * ethischen Seite des gegenseitigen Verhältnisses sich angelegen
ein lassen.
Auf solchem Boden werden die Aufklärungen und Belehrungen Er-
folg versprechen, deren es wie den vorerwähnten, so auch den übrigen Volks-
kreisen gegenüber bedarf, auf welche die Agitation der Sozialdemokratie sich
erstreckt, insbesondere bei den kleinen Grundbesitzern, Handwerkern und Ge-
werbetreibenden. Zu diesem Zwecke werden die Mittel anzuwenden sein,
durch deren Gebrauch die Sozialdemokratie hauptsächlich ihre Erfolge erzielt.
Die Bildung von Vereinen, die Veranstaltung von Versammlungen, in denen
Vorträge gehalten werden, und die ausgiebige Benutzung der Presse. Na-
mentlich die Verbreitung guter Druckschriften — Flugblätter, Zeitungen,
oann — ist bei dem immer zunehmenden Lesebedürfnis unum-
gänglich.
Ferner ist dahin zu streben, daß der sozialdemokratischen Agitation
im persönlichen Verkehr, namentlich in den Werkstätten und auf den Ar-
beitsplätzen, besonders durch dazu geeignete Arbeiter entgegengewirkt werde.
Ueberhaupt ist das Ziel zu verfolgen, daß die Beteiligten selbst die sozial-
demokratische Agitation von sich und den Ihrigen mit Entschiedenheit ab-
wehren, zumal vielfach versucht wird, die weibliche Bevölkerung und jugend-
liche Kreise für die sozialdemokratische Lehre zu gewinnen. Zur Erreichung
dieses Ziels ist es erforderlich, daß nicht nur seitens der Behörden gegen
sozialdemokratische Angriffe und Anfeindungen jeder mögliche Schutz gewährt,
sondern daß auch bei jeder geeigneten Gelegenheit auf die Belebung des Be-
wußtseins von der Notwendigkeit und Gerechtigkeit der Abwehr und der
Zuversicht ihres Gelingens hingewirkt wird. Wenn ferner dafür gesorgt
wird, daß in sozialer und religiöser Beziehung der nötige An= und Zu-
sammenhalt nicht fehlt, so wird die Widerstandsfähigkeit derart gesteigert
werden, daß sie auch den gefährlichsten Einflüssen gegenüber Stand halten,
welche im geschäftlichen und geselligen Verkehr, sei es durch Verlockungen
oder Herabsetzung, sei es durch Verspottung oder Androhung hauptsächlich
von sozialdemokratischer Seite, leider aber auch nicht selten von anderen
Parteien ausgeübt werden.
Wie nach vorstehenden Gesichtspunkten die Thätigkeit in jedem Kreise
und an jedem Orte zu gestalten sein wird, muß nach den örtlichen Ver-
hältnissen ermessen, dabei aber ganz besonders darauf Bedacht genommen
werden, dem Vordringen der Sozialdemokratie auf dem flachen Lande vor-
zubeugen.
Euer Hochwohlgeboren ersuche ich ergebenst, dieser wichtigen Ange-
legenheit gefälligst Ihre volle Aufmerksamkeit und Fürsorge zuzuwenden und
