Bas Teutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juli 5.—8.) 83
Verhältnis zum Arbeitseinkommen, unter ausgiebiger Berücksichtigung der
Minderbemittelten und der persönlichen und Familienverhältnisse der Steuer-
pflichtigen, und verteilen die öffentlichen Lasten lediglich nach Maßgabe der
Steuerkraft; sie gewähren den Gemeinden ihrer wirtschaftlichen Natur ent-
sprechende, ergiebige und sichere Steuerquellen. Der infolge der Steuer-
reform eintretenden Verschiebung in der Abstufung des Wahlrechts trägt
das Gesetz über die Abänderung des Wahlverfahrens Rechnung.
Ich hoffe zuversichtlich, daß die Neuordnung des staatlichen und kom-
munalen Steuerwesens dem Haushalte des Staates und seiner Glieder gleich-
mäßig zu Gute kommen und daß diese von dem Streben nach ausgleichender
Gerechtigkeit geleiteten Reformen Meinem Volke zum dauernden Segen ge-
reichen werden.
Ihnen aber, geehrte Herren sage Ich Meinen Königlichen Dank für
Ihre einsichtsvolle und hingebende Mitwirkung bei diesem bedeutsamen Werke.
Der Rechnungsabschluß des vergangenen Jahres hat sich günstiger
gestaltet, als zu erwarten war. Ich gebe Mich der Hoffnung hin, daß
auch im laufenden Jahre der im Voranschlage des Staatshaushalts vor-
gesehene Fehlbetrag bei andauernder sparsamer Verwaltung die veranschlagte
Höhe nicht erreichen wird.
Zu Meinem Bedauern haben umfangreiche Landesteile, namentlich
im Westen der Monarchie, infolge anhaltender Dürre an Streu= und Futter-
mangel zu leiden. Meine Regierung hat ohne Verzug Anordnungen zur
Abhilfe getroffen und vertraut auf die kräftige Mitwirkung der kommunalen
Verbände. Es wird auch ferner ein Gegenstand Meiner landesväterlichen
Fürsorge sein, der Landwirtschaft bei diesen und anderen Schwierigkeiten,
mit denen sie zu kämpfen hat, zu Hilfe zu kommen.
Nicht alles hat zum Abschluß gebracht werden können, was in der
zu Ende gehenden Legislaturperiode geplant und erstrebt wurde. Aber der
Rückblick auf ihre Ergebnisse ist sowohl um dieser selbst willen als ins-
besondere auch deshalb ein erfreulicher, weil das Erreichte auf dem patrioti-
schen Geiste beruht, dem das Wohl des Vaterlandes das höchste Ziel ist.
Ich schöpfe daraus die Zuversicht, daß es auch in Zukunft gelingen werde,
den Aufgaben gerecht zu werden, welche in immer steigendem Maße hervor-
treten, daß der Kampf der Meinungen und Interessen nur in jenem Geiste
geführt und der Frieden im Lande gemehrt werde. ·
Das walte Gott!
5. Juli. (Reichstag.) Zum Präsidenten wird v. Levetzow (kons.)
wiedergewählt; zum ersten Vizepräsidenten v. Buol-Berenberg (3.),
zum zweiten Bürklin (nl.).
7. u. 8. Juli. (Reichstag.) Erste Lesung der Militär-
Vorlage.
Der Reichskanzler wiederholt kurz die sachlichen Gründe für
die Vorlage und erklärt, daß die zum Zweck der Deckung früher vor-
gelegten Steuergesetze fallen gelassen seien.
Wir mußten uns aber sagen, daß nun es unsere Pflicht war, nach
neuen Vorlagen zu suchen, nach anderen Steuerquellen; und im engsten
Verein mit der preußischen Finanzverwaltung, Hand in Hand mit ihr, ist
die Reichsfinanzverwaltung vorgegangen und bestrebt gewesen, andere Steuer-
quellen zu finden.
Wir haben drei Grundsätze hingestellt. Einmal wollen wir ver-
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