12 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 14./15.)
nehme ich dafür die Verantwortung auf mich. Ich komme nun, nachdem
ich hier in allgemeinen Zügen die Grundsätze dargelegt habe, welche bezüg-
lich des Schutzes der Deutschen im Auslande gelten, auf einige der Spezial-
fälle, die von dem Herrn Vorredner erwähnt wurden. Es ist mir voll-
kommen unmöglich, auf alle die einzelnen Punkte einzugehen; es find da
verschiedene Dinge berührt worden aus Zeitungen, von denen ich keine
Kenntnis habe. Ich meine, das größte Interesse besteht wohl hier im
Hause an den Vorgängen in Salvador. Die kleine Republik Salvador an
der Westküste von Amerika ist von jeher der Schauplatz von heftigen Partei-
kämpfen und wiederholten Bürgerkriegen gewesen. Wenn ich bei meinen
Ausführungen gegen Deutsche im Auslande hier polemifieren muß, so schicke
ich voraus, daß ich in keiner Weise die patriotische Gesinnung und Ehren-
haftigkeit oder die Wahrheitsliebe dieser Männer in Zweifel ziehe, am
allerwenigsten bei Herrn Dr. Prowe, der mir von allen Seiten als ein
durchaus ehrenwerter und wahrheitsliebender Mann geschildert wird. Ich
hätte nur lebhaft gewünscht, daß er seinem Drange, die Welt zu verbessern,
etwas größere Zügel angelegt und sich insbesondere jener Superlative der
Verachtung enthalten hätte, mit denen er die Institution, die Machthaber
und die Bevölkerung des Landes bezeichnet, wo er seine neue Heimat sich
begründet hat. All den Berichten, die uns über die Vorgänge aus Salvador
zugekommen find, ist eines charakteristisch, das ist, daß die Herren mit
außerordentlicher Behaglichkeit das schildern, was Herr Peyer nicht gethan
hat, dagegen mit einer gewissen Oberflächlichkeit darüber hinweggehen, wenn
es sich darum handelt, darzulegen, was die Deutschen daselbst gethan haben.
Da ist zunächst der Fall Mathies. Ich schicke voraus, daß das allerwenigste
Material von Herrn Peyer herrührt, sondern von anderen, aber durchaus
zuverlässigen Informationsquellen. Es war im Sommer 1890. Ezeta war
zum Präsidenten von Salvador gewählt worden, aber von Guatemala
nicht anerkannt, und nun standen die beiden Heere kriegsbereit gegenüber.
In diesem Augenblick ging der deutsche Staatsbürger Mathies von Guate-
mala durch die Vorposten freipassierend herüber nach Salvador und wurde
nun, wie uns der Herr Vorredner ganz richtig mitgeteilt, in Salvador ge-
fangen, mißhandelt. Der deutsche Konsul Augsburg rettete ihn vor dem
Tode; er wurde dann ausgewiesen und kam nach Guatemala zurück. Und
was war der Grund dieses Vorgehens seitens der salvadoranischen Regie-
rung? Der Herr Vorredner hat seine Lektüre aus der Proweschen Broschüre
in dem Augenblick eingestellt, wo Herr Prowe allerdings sehr obenhin den
Grund der Verhaftung des Herrn Mathies darlegt. Herr Prowe sagt, man
habe damals ein Wesen daraus gemacht, daß Herr Mathies in seiner Tasche
unter alten Zeitungspapieren auch einige Proklamationen der Feinde Ezetas
vergessen hatte. (Heiterkeit.) Auf Deutsch gesagt, der deutsche Mathies hatte
in seiner Tasche Proklamationen gegen den Präsidenten Ezeta und Briefe
kompromittierenden Inhalts an politische Persönlichkeiten in Salvador. Ich
bin weit entfernt, hier den Staatsanwalt spielen zu wollen und für die
Schuld des Herrn Mathies zu plaidieren. Aber das muß ich doch sagen:
wenn ein deutscher Staatsangehöriger in dem Augenblick, wo ein Krieg
zwischen den beiden Ländern auszubrechen droht, wo die Truppen sich feind-
lich gegenüberstehen, von einem Lande ins andere geht und dabei Anspruch
auf den deutschen Schutz macht, so ist es doch seine Pflicht, vorher seine
Taschen nachzusehen, ob in diesen Taschen keine feindseligen Proklamationen
und keine kompromittierenden Papiere sind. Thut er das nicht und wird
dann abgefaßt, so kann, eventuell muß der Konsul auch für ihn eintreten,
wenn er mißhandelt und ungerecht behandelt wird; aber, meine Herren,
eine amtliche Reklamation auf Entschädigung ist einfach unmöglich, und