Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 14./15.) 13
wenn Peyer diese abgewiesen hat, so hat er meinem Dafürhalten nach nichts
Unrechtes gethan. Nun, meine Herren, kommt der Fall Prowe; der ist
auch typisch für die Art und Weise, wie an sich richtige Thatsachen all-
mählich in eine Legende verwandelt werden. Der Herr Vorredner hat uns
eben, gewiß optima fide, mitgeteilt, es ergebe sich aus den Schriften des
Herrn Prowe, daß er ohne jeden Grund „mißhandelt, ins Gefängnis geworfen
und dann ausgewiesen sei“. Und nun, meine Herren, die Thatsachen, wie
sie wirklich liegen! Ich habe hier das Orginal des Briefes des Herrn
Prowe vor mir, woraus sich ergibt, daß, als im Jahre 1890 der unglück-
liche Ruhnke nach Salvador kam und dort in die Dienste des Präsidenten
Ezeta eintreten wollte, Prowe ihn dazu bestimmte, er solle die Bedingung
machen, daß die spanischen Instrukteure in der salvadorischen Armee ent-
lassen, beziehungsweise nicht mehr angestellt würden, und ebenso ergibt sich
aus diesem Briefe, daß ein Jahr später, am 15. November 1891, der Prowe
dem Ruhnke sein Entlassungsgesuch schrieb mit der Begründung, daß dieses
Versprechen bezüglich der spanischen Instrukteure nicht gehalten worden sei.
Herr Prowe teilt uns nun mit, daß dieses Entlassungsgesuch bei dem Präsidenten
Ezeta die höchste Wut erregt habe und zwar gegen ihn, Prowe. Der
Präsident wußte also, woher der Pfeil kam. Nun frage ich: was geht es
denn eigentlich den Herrn Dr. med. Prowe aus Danzig die Frage an, ob
die salvadorische Armee von spanischen Instrukteuren instruiert wird oder
von anderen? Eigentlich geht ihn das gar nichts an. Aber die Folgen
blieben nicht aus; er ist abends im Wirtshaus, da kamen zwei Offiziere
spanischer Herkunft, einer davon ist General — Prowe behauptet, er sei
früher Bedienter oder Stiefelwichser gewesen; geht mich nichts an — und
ruft Prove heraus. Und nun gibt der General Pastor dem Prowe einen
Schlag ins Gesicht, sagt, ich fordere Sie. Prowe nimmt die Forderung
an und die Offiziere, die begleitet sind von Polizisten und einer großen
Menschenmenge, gehen weiter, nachdem sie vorher Drohungen ausgestoßen
hatten, diese aber nicht ausgeführt hatten. Andern Morgens schickt Prowe
dem General Pastor seine Zeugen und verlangt sein Ehrenwort, daß er
sich unter allen Umständen mit ihm schlage, eventuell seine Entlassung
nehme. Inzwischen hat der Präsident von der Sache gehört und schickt
nun Polizisten, um Prowe in seiner Wohnung zu bewachen. Darauf nun
aber hat General Pastor wieder sein Ehrenwort gebrochen und dem Präsi-
denten Ezeta sein Wort gegeben, er würde sich nicht schlagen. (Heiterkeit.)
Nach 1½ Stunden wird Prowe, der übrigens niemals ins Gefängnis ge-
worfen war, sondern in seiner eigenen Wohnung von Polizisten bewacht
wurde, freigelassen und begab sich nun, wie er selbst zugibt, weil er die
Rache des Präsidenten Ezeta fürchtete, zunächst nach einem benachbarten Orte
und nach wenigen Tagen freiwillig nach Guatemala. Und unn, meine
Herren, soll das Reich in der Sache helfen. Herr v. Bergen schreibt einen
Brief an den Minister des Aeußern, stellt die Sache dar, verlangt Auf-
klärung, und der erwidert darauf: die Verhaftung war ganz berechtigt,
denn in Salvador kann nach dortigen Gesetzen jede Behörde, wenn sie
Grund hat zur Annahme, daß ein Vergehen begangen sein soll dies thun.
Und was die Mißhandlung durch General Pastor betrifft, so erklärt der
Minister, eine gerichtliche Untersuchung würde stattgefunden haben, wenn
Prowe nicht Stadt und Land verlassen hätte. Darauf hat Herr Peyer, der
die Geschäfte übernommen hatte, die Beschwerde des Prowe zurückgewiesen
Prowe hat sich an den Herrn Reichskanzler gewandt und diese Beschwerde
wurde gleichfalls als unbegründet zurückgewiesen. Es war inzwischen das
Novum eingetreten, daß General Pastor gestorben war, also ein gericht-
liches Verfahren nicht mehr eintreten konnte, und was die Verhaftung