Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zwölfter Jahrgang. 1896. (37)

2 Das Denishe Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 10.) 
den Auswüchsen der Börse energisch entgegenzutreten sei, namentlich aber 
der wachsenden Spielsucht. Diese dürfe nicht auf Kosten der Allgemeinheit 
um sich greifen. Ferner müsse der Einfluß der Börsenspekulation auf die 
Preisbildung eingeschränkt werden. — Die Einwürfe gegen das Gesetz 
hätten sich hauptsächlich gegen das staatliche Aufsichtsrecht und gegen das 
Börsenregister gerichtet. Die Regierung sei der Ansicht, daß eine wirksame 
Aussicht ohne ein ständiges staatliches Organ nicht durchzuführen sei, und 
dazu sei der Staatskommissar ausersehen. Es sei eine Persönlichkeit nötig, 
welche den Vorgängen an der Börse, namentlich der Preisbildung, auf- 
merksam folgt und hierüber an die Regierung berichtet. Ein Spion brauche 
derselbe darum nicht zu sein. Unberechtigt sei es, zu behaupten, daß die 
Eintragung in das Börsenregister für den Einzutragenden einen Makel be- 
deute. Das Register solle nur das Börsenspiel in etwas einschränken. 
Außerordentlich gingen die Meinungen über den Terminhandel auseinander. 
Die Einen verdammten ihn ganz, die Anderen erklärten ihn für unbedingt 
nötig. Der Entwurf gehe von der Voraussetzung aus, daß der legitime 
Terminhandel notwendig sei, aber nicht auf Kosten der Produzenten und 
Konsumenten betrieben werden dürfe. Das Gesetz über die Aufbewahrung 
deponierter Wertpapiere stehe in einem notwendigen Zusammenhang mit 
dem Börsengesetz. Es müsse den Privatkapitalisten Sicherheit gegen Unter- 
schlagungen und sonstigen Verlust ihrer deponierten Wertpapiere gegeben 
werden. Vor Allem müßten die Unklarheiten über den Eigentumsbegriff 
der Depots beseitigt werden. Viele Bankhäuser besäßen schon die Ein- 
richtungen, welche der Entwurf vorschreibe, z. B. das Stückeverzeichnis. 
Beide Gesetze enthielten ungewöhnliche technische Schwierigkeiten, deshalb 
seien Gründlichkeit und Vorsicht bei der Beratung unumgänglich. Aber 
trotzdem sei die gesetzgeberische Behandlung möglich. 
Abg. Graf Kanitz (kons.): Im Börsenhandel hätten sich große 
Mißbräuche entwickelt, namentlich hinsichtlich künstlicher Preisbildung. Diese 
werde durch Spekulation stark beeinflußt. Beim Warenterminhandel mache 
sich diese besonders unangenehm geltend. Dagegen müsse eingeschritten 
werden. An sich sei er kein Feind der Börse, die durchaus berechtigt sei, 
nur die Auswüchse wolle er beschneiden, in erster Hinsicht den Warentermin- 
handel. Die Einrichtung des Staatskommissars an sich sei gut, doch habe 
derselbe viel zu wenig Befugnisse, eigentlich gar keine außer Begutachtung 
und Berichterstattung. Er behalte sich vor, in dieser Hinsicht erweiternde 
Anträge zu stellen. Die Zusammensetzung des Börsenausschusses sei keine 
sehr praktische, zwei Drittel seiner Mitglieder sollen der Börse angehören, 
werden also stets für deren besondere Interessen eintreten. Man sollte die 
Vertreter des sonstigen Handels mehr heranziehen. Die Einrichtung des 
Ehrengerichts sei zweifelhaft, ein Disziplinarhof wäre besser. Was sich 
gewisse Börsenbesucher aus einem ehrengerichtlichen Verweise machen würden? 
Sehr wichtig sei die Ueberwachung der ausländischen Wertpapiere; anstatt 
einer Emissionsbehörde bei jeder Börse, wie der Entwurf vorschlage, sei 
eine Zentralemissionsbehörde zweckentsprechender. Abg. Meyer-PHalle 
(frs. Vg.) gegen den Entwurf und den Vorredner. Die Angriffe auf die 
Börse seien vielfach ungerecht. Das Gesetz werde die kleinen Bankiers 
schädigen und die Berliner Börse auf Kosten der Provinzialen begünstigen. 
Der Terminhandel sei unentbehrlich. " 
Am folgenden Tage spricht Abg. von Cuny die Sympathie der 
Nationalliberalen zu dem GE. aus und erklärt u. a. den Terminhandel 
nur zum geringsten Teile für berechtigt. Das Börsenregister sei geeignet, 
viele Außenstehende von der Börsenspekulation abzuschrecken. Abg. Fritzen 
(3.) für die Vorlage, hat aber Bedenken gegen die Zusammensetzung des 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.