150 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dezember 17.)
Hienach beginnt in den Städten und Flecken mit weniger als
10 000 Einwohnern das Diensteinkommen mit 800 JX und steigt von fünf
zu fünf Jahren auf 1100, 1350, 1500, 1600 und 1700 „; in den
Städten mit mehr als 10000 Einwohnern beträgt das Anfangsgehalt
1000 X und steigt gleichfalls von 5 zu 5 Jahren auf 1250, 1500, 1650,
1850 und 2000 „K Für Kirchendienst werden 200 J vornweg gezahlt. —
Das Diensteinkommen der Landschullehrer im Domanium und in der
Ritterschaft beträgt einschließlich Naturalien im Anfang etwa 800 JX und
steigt nach vollendetem fünften Dienstjahre von 5 zu 5 Jahren um je
100 1 bare Alterzulage. Ueber die Pensionierung wird bestimmt, daß alle
Landschullehrer in der Ritter= und Landschaft nach 20 jähriger Dienstzeit
einen Anspruch auf Pension erhalten, es sei denn, daß der Lehrer durch
pflichtwidriges Verhalten Grund zur Kündigung gegeben hat. Ueber das
Vorhandensein eines solchen Kündigungsgrundes entscheidet eine Behörde
(Schulkommission), die aus 3 Vertretern der Regierung (resp. der Kirche)
und 4 Mitgliedern der Ritter= und Landschaft neu gebildet wird. Die
Pension beginnt nach Ablauf von 20 Dienstjahren mit 450 -X und steigt
bis zum vollendeten 50. Dienstjahre auf 810 M.
Dezember. Streit zwischen Konservativen und Antisemiten.
Abg. Liebermann v. Sonnenberg erklärt in einer antisemitischen
Versammlung in Berlin (8. Dez.), die Konservativen hätten unter dem Ein-
fluß gouvernementaler Elemente die Versprechungen ihres Tivoliprogramms
(1892 S. 192) nicht gehalten, trotzdem bei den letzten Wahlen 24 Konser-
vative mit Hilfe der Antisemiten gewählt seien. Infolgedessen behalte sich
die deutsch-soziale Reformpartei freie Hand gegen die Konservativen vor.
— Infolge dieser Rede entspinnt sich eine Fehde zwischen konservativen
und antisemitischen Blättern; „Kreuz-Ztg.“, „Kons. Korr.", „Dresd.
Nachr.“ entgegnen, die Antisemiten seien stets unsichere Bundesgenossen ge-
wesen und hätten stets ihre eigene rücksichtslose Politik befolgt.
17. Dezember. Das Preußische Abgeordnetenhaus ver-
weist den Gesetzentwurf, betr. Abänderung des Gesetzes über die
Handelskammern an eine Kommission.
17. Dezember. (Württemberg.) Ministerpräsident v. Mitt-
nacht teilt den Parteien die Grundzüge des künftigen Wahl-
rechts mit.
Es handelt sich in erster Linie um Gestaltung der zweiten Kammer
zur reinen Volkskammer, d. h. um Ausscheidung der 23 sogenannten Pri-
vilegierten (Vertreter des ritterschaftlichen Adels, der Geistlichkeit beider
Kirchen, der „guten Städte") und einen entsprechenden Ersatz. Der neue
Entwurf ist auf dem Grundsatz einer auf größere Kreise ausgedehnten Pro-
portional= und Listenwahl aufgebaut. An Stelle jener ausscheidenden 23
sollen 21 „Ersatzabgeordnete“" gewählt werden, wobei die 4 Kreise je einen
Wahlkreis bilden und je nach ihrer Bevölkerungsziffer 7, 5, 5, 4 Abge-
ordnete wählen. In jedem Kreis stellen die Parteien ihre Kandidatenliste
auf, wobei schon eine Vereinigung von 25 Personen als Partei gilt; die
Regierung stellt dann die Namen der Vorgeschlagenen auf einen Gesamt-
zettel zusammen. Jeder Wähler bekommt an einem gegen Beobachtung
geschützten Platze Gelegenheit, an diesen vereinigten Parteilisten diejenigen
auszustreichen, die er nicht haben will, ferner innerhalb der von ihm bevor-
zugten Parteiliste die ihm besonders genehmen Kandidaten durch besondere