Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zwölfter Jahrgang. 1896. (37)

178 Hie Gesterreichis-Auserische Menarthie. (Dezember 16. -17.) 
16. Dezember. (Wien.) Abgeordnetenhaus. Debatte über 
das Duell (vgl. S. 57, 126). 
Landesverteidigungsminister Graf Welsersheimb erklärt das Duell 
für Unfug und rohen Barbarismus. Er pflichte vollkommen dem Wunsche 
bei, daß alle zusammenwirken sollten, um diesem Unfug zu steuern, müsse 
dabei jedoch die Armee gegen die Beschuldigung in Schutz nehmen, als 
wäre an der Punkt, auf den sich der Unfug im bürgerlichen Leben stütze. 
In der Armee seien im Gegenteil die Duelle weit seltener als in manchen 
anderen Kreisen. Es beständen dort strenge Vorschriften, insbesondere bei 
dem ehrenrätlichen Verfahren, damit sich solche Fälle seltener ereigneten. 
Man müsse vor allem der verletzten Ehre ausgiebigen Ehuz= genügende 
Satisfaktion und Sühne verschaffen, und dieser Weg müsse sowohl durch 
die Gesetzgebung als auch durch die Auffassung der Gesellschaft selbst be- 
treten werden. Die Gesellschaft müsse anerkennen, daß vor allem der Be- 
leidigte den Schutz der Gesellschaft und der Gesetze verdiene. Seitens der 
Militärleitung könne man unmöglich wünschen, daß diejenigen, die berufen 
seien, gegen die Feinde des Vaterlandes zu kämpfen, sich untereinander und 
ihre Mitbürger umbringen. 
17. Dezember. (Wien.) Die „Neue Freie Presse“ bringt 
einen Artikel über die Enthüllungen der „Hamb. Nachr.“, dessen 
Inhalt „Friedrichsruher Anschauungen“ enthalten soll und von 
den „Hamb. Nachr.“ als zutreffend bezeichnet wird: 
„Baron Banffy hat das Schwergewicht seiner Erklärungen in die 
Konstatierung der Thatsache gelegt, daß das deutsch-russische Abkommen 
heute nicht mehr existiere. Wenn er zur Beschwichtigung des ungarischen 
Mißtrauens nicht weiter gegangen ist und nicht hinzugefügt hat, daß der 
erloschene Vertrag zwischen Deutschland und Rußland auch an sich die 
Ungarn nicht habe zu beunruhigen brauchen, so betrachten wir dies als 
eine Konsequenz der Anschauung, daß „die Enthüllungen der „Hamburger 
Nachrichten" ein Thema berühren, welches in den Rahmen der Geschichte 
gehört“ und das folglich ein aktiver Staatsmann, der es mit Fragen der 
aktuellen Politik zu thun hat, nicht zu behandeln braucht, wenn er dies 
nicht aus besonderen Gründen für nützlich hält. Mit Rücksicht auf die 
Empfindungen, welche in Ungarn Rußland gegenüber bestehen, finden wir 
es begreiflich, wenn Baron Banffy es vermieden hat, den Vertrag zwischen 
Deutschland und Rußland historisch zu beleuchten und nachzuweisen, daß 
derselbe weder ein ungarisches, noch ein österreichisches, noch ein Dreibunds- 
interesse gefährdet habe, und man könnte sich auch außerhalb des ungari- 
schen Reichstages darauf beschränken, die Erklärung des Baron Banffy, wie 
er es vom ungarischen Parlament gewünscht hat, „zur Kenntnis zu neh- 
men“. Da indes die Rede, mit welcher der Abgeordnete Polonyi auf die 
ihm vom Minister erteilte Auskunft reflektiert hat, die „Vertragstreue“ der 
Politik des alten Kurses in Deutschland gegen den österreichisch-ungarischen 
Verbündeten in verschärfter Weise anzweifelt und es für unklug hält, jemandem, 
von dem man schon einmal hintergangen sei, wieder zu vertrauen, halten 
wir es doch im Interesse beider Reiche für nützlich, den Nachweis zu führen, 
daß von einer Illoyalität gegen Oesterreich-Ungarn bei Abschluß des Ver- 
trages mit Rußland nicht im entferntesten die Rede sein konnte und noch 
viel weniger davon, „daß das Deutsche Reich gewillt war, den Verpflich- 
tungen nicht zu entsprechen, die es Oesterreich-Ungarn gegenüber vertrags- 
mäßig übernommen hatte“.
	        
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