Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zwölfter Jahrgang. 1896. (37)

196 Großbritannien. (Mai 1.—Juni 5.) 
1. Mai. Die Presse über den Depeschenwechsel zwischen Ja- 
meson und den Leitern der Chartered Company (vgl. Afrika). 
Die „Times“ räumt ein, daß die geplante Johannesburger Um- 
wälzung nicht nur unter Kenntnis von Cecil Rhodes gebilligt, sondern auch 
unterstützt wurde. Die Leiter der Chartered Company, Rhodes, Beit und 
Harris, seien persönlich haftbar. 
Der „Standard“ ist derselben Meinung und erklärt die Behauptung, 
der Einfall der Truppen der Chartered Company sei ein unvorbedachter 
Ausbruch ritterlicher Sympathie gewesen, als unhaltbar. 
Der „Daily Telegraph“ wundert sich nicht, daß diese verworrenen 
m cact sehr ruhmreichen Depeschen in Transvaal große Entrüstung ver- 
ursachen. 
„Daily Chronicle“: „Wenn diese Depeschen echt sind, dann find 
die schlimmsten Verdächtigungen gegen die Chartered Company und all 
ihre Hauptleiter und Gründer mehr als bestätigt, dann befinden sich die 
Hauptschuldigen im Prätoriaprozeß wie in der Jamesonsache noch auf 
freiem Fuße.“ 
2.5. Juni. (Unterhaus.) Erörterung der Sudanfrage im 
Anschluß an das italienische Grünbuch (vgl. Italien). 
Abg. Bowle befragt die Regierung, ob sie dem italienischen Grün- 
buch Aufmerksamkeit geschenkt, sodann ob die britische Regierung am 
19. Februar 1896 dem italienischen Botschafter General Ferrero den Ent- 
wurf einer Depesche des Premierministers Lord Salisbury an Ras Mangascha 
unterbreitet habe, drittens ob die Regierung auf Ersuchen Ferreros den 
Entwurf der Depesche korrigiert und letzterer am 28. Februar einen anderen, 
abweichenden Entwurf unterbreitet habe, der die Erklärung enthielt, daß 
Italien Freund und Alliierter Englands sei, viertens ob Italien die Zu- 
stimmung der britischen Regierung zur Veröffentlichung ihrer Depeschen 
und Depeschenentwürfe vor deren Herausgabe nachgesucht und erlangt habe, 
und fünftens, ob die Regierung beabsichtige, dem Hause den Schriftwechsel, 
betreffend die italienischen Operationen in Afrika einschließlich der zwischen 
der italienischen Regiekung und dem Kabinet Rosebery gewechselten Depeschen 
vorzulegen. Der Parlaments-Untersekretär des Aeußeren, Curzon, erwidert 
dem Interpellanten, seine Antwort auf die erste und zweite Frage laute 
„Ja“; bezüglich der dritten Frage müsse er bemerken, daß die britische 
Regierung mit der italienischen Regierung und auch mit der Regierung 
von Abessynien auf freundschaftlichem Fuße stehe, doch wäre es offenbar 
unangebracht, bei der gegenwärtigen Konjunktur dem Hause Mitteilung von 
der Sprache zu machen, deren sich die britische Regierung bei den Versuchen 
bedient habe, die sie in der Absicht der Besserung der Beziehungen zwischen 
jenen zwei Mächten gemacht haben könne. Seine Antwort auf die vierte 
Frage sei „Nein", und auf die fünfte Frage erwidere er, daß die gegen- 
wärtige Gelegenheit keine geeignete zur Vorlage von Schriftstücken sei, 
welche noch schwebende Operationen behandeln; wenn der Friede hergestellt 
sei, werde die Regierung in Erwägung ziehen, welche Schriftstücke sich zur 
Vorlage im Hause eignen. 
Am 5. Juni verlangen Laboucheère und Sir W. Harcourt 
Näheres über die englisch-italienischen Verhandlungen zu erfahren, was 
Balfour und Curzon ablehnen; die oben erwähnte, durch das Grünbuch 
veröffentlichte, Depesche Salisburys ist nach Balfour ungenau wieder- 
gegeben.
	        
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