Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zwölfter Jahrgang. 1896. (37)

Frankreich. (April 2.—3.) 213 
der Haltung, die es eingenommen hat, die feste Zustimmung Rußlands ge- 
funden hat, und dann hinzuzufügen, daß das Einvernehmen zwischen den 
beiden Staaten niemals ein vollkommeneres und herzlicheres war. Mit 
diesen Versicherungen, die abgeben zu können ich mich glücklich schätze, kann 
ich diese kurzen Erklärungen schließen. Ich hoffe, sie werden von Ihnen so 
aufgenommen werden, daß die Regierung in Ihrer Zustimmung eine der 
stärksten Stützen finden wird bei der Erfüllung ihrer Aufgabe nach 
außen hin.“ 
2. April. (Deputiertenkammer.) Erklärung des Mi- 
nisterpräsidenten über die egyptische Politik Frankreichs. Annahme 
des Madagazkarkredits. 
Mehrere Deputierte greifen die Regierung an, weil sie die Expedition 
nach Dongola nicht verhindere und fragen, wie sie Frankreichs Interessen 
zu schützen gedenke. Ministerpräsident Bourgeois verliest eine Erklärung, 
in welcher es heißt, er könne die Stellung angeben, in welcher Frankreich 
sich zu bewegen beabsichtige; Egypten bilde einen integrierenden Teil des 
ottomanischen Reiches. Die Lage Englands in Egypten habe für ganz 
Europa einen stets unbehaglicheren Zustand geschaffen. Die Demission des 
französischen und des russischen Kommissars der Staatsschuldenkasse habe ge- 
stattet, die Frage zur späteren Prüfung der Mächte vorzubehalten. Alle 
Mächte hätten gemeinsame Interessen bei der Dongola-Expedition, welche 
beabsichtige, auf unbestimmte Zeit die Besetzung zu verlängern, deren pro- 
visorischen Charakter England wiederholt anerkannt habe. Frankreich habe 
die Pflicht gehabt, keine Verjährung zuzulassen und habe es auch an dieser 
Pflicht nicht fehlen lassen. Die russische Regierung, mit der Frankreich nie 
in besserem Einvernehmen gestanden habe (lebhafter Beifall), habe dieselbe 
Sprache geführt und verfolge auf demselben Wege wie Frankreich die Ver- 
teidigung derselben Sache. Egypten habe niemals aufgehört, ein integrie- 
render Teil der Türkei zu sein und diese Integrität des Reiches sei eine 
Hauptbedingung für den europäischen Frieden. Die Regierung werde die 
Verhandlungen mit der Festigkeit fortsetzen, welche das Bewußtsein ein- 
flöße, das Interesse und das gemeinsame Recht aller Mächte zu verteidigen. 
— Die Kammer spricht der Regierung mit 309 gegen 213 Stimmen ihr 
Vertrauen aus. Hierauf wird der Kredit für Madagaskar mit 442 gegen 
30 Stimmen angenommen. 
3. April. (Senat.) Mißtrauensvotum gegen das Mini- 
sterium. Stellung der Presse. 
Auf eine Interpellation über die auswärtige Politik erwidert der 
Ministerpräsident Bourgeois, er könne keine anderen Erklärungen als 
in der Kammer geben und fordert Vertagung der Interpellation. Nach 
der Ablehnung dieses Antrages verweigert er die Beantwortung. Der 
Senat genehmigt hierauf mit 155 gegen 85 Stimmen folgende Tages- 
ordnung: „Der Senat erachtet die Erklärungen der Regierung für unzu- 
reichend und erklärt, daß dieselbe nicht sein Vertrauen besitze."“ 
Die radikale Presse fordert aus Anlaß dieses Beschlusses Durchsicht 
der Verfassung und greift den Senat heftig an. Mehrere Zeitungen wie 
„Soleil“, „Figaro“, „Gaulois“", „Autorité“ verlangen, der Präsident 
müsse den Zwiespalt der gesetzgebenden Gewalten schlichten. Einige radikale 
Blätter wie „Rappel“, „Evénement“ beschuldigen Faure, den Senat zu 
seinem Widerstande zu ermutigen. 
3. April. Das Ministerium beschließt trotz des Tadels-
	        
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