Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zwölfter Jahrgang. 1896. (37)

240 Italien. (Juni 6.—30.) 
einem Lösegeld für die Gefangenen wird Abstand genommen, dagegen ver- 
pflichtet sich Italien, dem Negus sämtliche Kosten für die Verpflegung und 
Beförderung der Gefangenen zu erstatten. Die Freilassung der italie- 
nischen Gefangenen erfolgt erst nach dem endgültigen Beschluß des Friedens- 
vertrages. 
6. Juni. (Senat.) Debatte über die Verhandlungen im 
englischen Unterhause (vgl. S. 193, 196). 
Auf eine Anfrage Camporeales erwidert der Minister des Aus- 
wärtigen Perzog v. Sermoneta: Er sei erfreut, sich mit Camporeale im 
Einverständnis zu wissen über das große Wohlwollen, welches die englische 
Regierung für Italien gezeigt habe. Dieses Wohlwollen sei als das Er- 
gebnis der vorerwähnten Debatte konstatiert. Des ferneren freue er sich, 
daß diese Kundgebung bei Gelegenheit der Debatte über das italienische 
Grünbuch ergangen sei, denn aus allen veröffentlichten Dokumenten ergebe 
sich das korrekte und loyale Verhalten der englischen Regierung in allen 
ihren Beziehungen zu den verschiedenen Mächten und das ganz besondere 
Gepräge des Wohlwollens Italien gegenüber. Der Minister fügt hinzu, 
daß, falls sich eine Gelegenheit ergab, bei welcher die englische Regierung 
Wünschen Italiens Widerstand entgegensetzen zu müssen glaubte, sie ihrer 
Ablehnung eine so höfliche Form zu geben und dieselbe mit so edlen Gründen 
zu unterstützen wußte, daß niemand die Berechtigung haben könnte, sich 
verletzt zu fühlen oder in irgend einer Art gekränkt zu sein. Bezüglich 
des zweiten von Camporeale hervorgehobenen Punktes, die von dem italie- 
nischen Botschafter in London an Gray gemachten ungenauen Mitteilungen, 
erklärt der Minister, daß dies ein solcher sei, daß er sich zur Zeit nicht 
dazu verstehen könne, darauf zu antworten, da er glaube, es sei die Pflicht 
der Regierung hierauf zu antworten auf Grund absolut zuverlässiger In- 
formationen. Was den dritten Punkt anbetreffe, nämlich einen Vorwurf 
und einen Ausdruck einer gewissen Animosität, welche die englische Regie- 
rung gezeigt habe, so glaube er, daß weder ein Vorwurf, noch der Aus- 
druck einer Animosität zu Tage getreten sei. — (Eine ähnliche Erklärung 
wird in der Kammer abgegeben.) 
13. Juni. Der Senat genehmigt mit 70 gegen 36 Stimmen 
die Vorlage der Heeresreorganisation. 
Die Vorlage will den Zustand beseitigen, daß im Frieden die Kadres 
nur ein Viertel der Kriegsstärke haben. Sie will in den Kompagnien die 
Etatsstärke von 70 auf 100 Mann erhöhen dadurch, daß bei jedem Bataillon 
eine Kompagnie aufgelöst wird. — Die Vorlage findet in militärischen 
Kreisen starken Widerspruch. 
15. Juni. Das Kriegsgericht spricht Baratieri frei (val. 
Afrika). 
24. Juni. (Mailand.) Das Königspaar und mehrere Mi- 
nister nehmen teil an der Einweihung eines Viktor Emanuel- 
Denkmals. 
30. Juni. 1. Juli. (Deputiertenkammer.) Sermoneta 
und Rudini über die auswärtige Politik. England, Balkan, Mittel- 
meer, Dreibund. 
Auf die Reden mehrerer Deputierten für und wider die auswärtige
	        
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