Die Rämische Kurie. (September 21. — November 11.) 249
Sie beginnt mit den Worten „Satis cognitum“ und enthält 112
Anführungen aus der heiligen Schrift und den Kirchenvätern, mittels deren
die Verfassung der Kirche mit dem Grundprinzip der Einheit dargestellt
wird. Letztere begreife mehrere unter sich verschiedene Gemeinschaften, aber
eine einzige Kirche, welche Christus die seine genannt habe. Um seine Lehre
nicht den verschiedenen Auslegungen der Menschen zu überlassen, habe
Christus die Apostel gewählt und ein immerwährendes lebendiges und
authentisches Magisterium gegründet. Es heiße die Kirche verleumden,
wenn man fie so darstelle, als ob sie in die weltlichen Dinge eingreifen
oder Rechte der Herrscher an sich reißen wolle. Die Kirche sei die über
allen anderen stehende Gesellschaft, gleichwie das übernatürliche Ziel, das
sie verfolge, über allen anderen stehe.
21. September. (Rom.) Verhandlung des Papstes mit Me-
nelik. Macarius“' Bericht.
Der „Osservatore romano“ veröffentlicht einen Brief des Monsignore
Macarius an den Kardinalstaatssekretär Rampolla vom 14. August aus
Adisababa datiert. Macarius schreibt, Menelik habe ihn mit allen der
Würde eines päpstlichen Abgesandten gebührenden Ehren empfangen sowohl
bei seiner Ankunft am 11. August, als auch bei der feierlichen Audienz an
dem darauf folgenden Tage. Er (Macarius) habe sich unter dem Geleit
von 50 Mitgliedern des abessynischen Klerus nach dem Palast Meneliks
begeben, habe Menelik die Briefe des Papstes übergeben und demselben den
Zweck seiner Entsendung auseinandergesetzt. Menelik habe geantwortet, der
Papst ist unser aller Vater und hat das Recht an mich zu schreiben und
seine Wünsche mitzuteilen. „Wir werden uns noch wiedersehen und uns
über diesen Gegenstand besonders aussprechen."“
30. Oktober. (Rom.) Kardinal Fürst Hohenlohe, Bruder
des deutschen Reichskanzlers, 73 Jahre alt, .
9. November. Macarius kehrt zurück nach Rom.
11. November. (Rom.) Veröffentlichung des Briefwechsels
zwischen dem Papst und Menelik.
Der Brief des Papstes lautet (11. Maih): „Unser Wort richtet sich
an Ihr Herz, als Monarch und Christ, um Sie zu einem Akte der Herr-
schergroßnut zu bewegen. Der Sieg hat zahlreiche Gefangene in Ihre
Hände gespielt. Es sind kräftige, achtbare junge Leute, die in der Blüte
ihrer Jahre ihren Familien und ihrem Vaterlande entrissen sind, ihre Ge-
fangenschaft erhöht weder die Macht noch das Prestige Eurer Majestät,
aber je länger dieselbe dauert, desto stärker wird auch der Schmerz von
Tausenden unschuldiger Mütter und Frauen. Erhören Sie darum die
Bitte, die das Herz eines Vaters an Sie richtet, im Namen der heiligen
Dreieinigkeit, der Jungfrau Maria und alles dessen, was Ihnen auf der
Welt am teuersten ist: geben Sie den Gefangenen ohne Aufschub die Frei-
heit! Großmächtiger Negus, weigern Sie sich nicht, sich vor den Nationen
edelmütig zu zeigen, tragen Sie diese glorreiche Seite in die Annalen Ihres
Reiches ein, denn was sind schließlich die unerbittlichen Rechte des Krieges
neben den Rechten und Pflichten der menschlichen Brüderlichkeit! Gott
wird Sie reich dafür belohnen und tausend Stimmen, und darunter die
meinige zuerst, werden sich zum Jubelchore vereinigen, Sie zu segnen.“
Menelik antwortete: „Als ich den wunderbaren Brief des gemein-
samen Vaters der Christen las und die Worte seines illustren Gesandten