250 Die Römische Krrie. (November 11.)
hörte, war ich tief gerührt, und die erste Regung meines Herzens war, den
Wunsch Eurer Heiligkeit zu erfüllen, denn auch ich beweine die zahlreichen
unschuldigen Opfer dieses von mir nicht provozierten blutigen Krieges. Un-
seligerweise scheiterte diese meine Absicht, JIhrem Wunsche entgegenzukom-
men, an der unvorhergesehenen Haltung der italienischen Regierung, die,
nachdem sie mir erst ihren Wunsch, Frieden zu schließen und gute Bezieh-
ungen herzustellen, mitgeteilt hat, fortfährt, gegen mich vorzugehen, als be-
fänden wir uns im Kriegszustande. Unter solchen Umständen verbietet mir
meine Pflicht als König und Vater meines Volkes, die einzige Friedens-
bürgschaft, die ich in Händen habe, zu opfern, um dem Wunsche Eurer
Heiligkeit und zugleich dem meinigen zu entsprechen. Mit dem tiefsten
Schmerze, und nachdem ich alles in meinem Monarchen= und Christen-
gewissen abgewogen habe, bin ich also gezwungen, den Beweis der Liebe
und Verehrung, den ich Euer Heiligkeit so gern gegeben hätte, auf bessere
Zeiten zu verschieben. Ich hoffe indessen, die Stimme Eurer Heiligkeit, der
alle Christen mit so tiefer Ehrfurcht lauschen, werde sich bald für die Ge-
rechtigkeit meiner Sache, für die Unabhängigkeit des mir von Gott anver-
trauten Volkes erheben und damit die Berwirklichung unseres gemeinsamen
Wunsches, die Freigabe der Gefangenen, thunlichst beschleunigen. Mittler-
weile kann ich Eure Heiligkeit über das Schicksal der italienischen Gefan-
genen beruhigen, die ich nie aufgehört habe, zu beschützen und nach den
Pflichten der christlichen Liebe zu behandeln, und denen ich, wenn dies mög-
lich ist, noch weitere Erleichterungen gewähren werde. Gegeben in unserer
Stadt Addisabeba am 22. Mascaram 1889 (1. Oktober 1896).“