W Mittel- und Sñd-Amerika. (November — Dezember.)
seusunmnen. sobald es durch den brasilianischen Kongreß angenommen
ein werde."“
Im Juni d. J. wurde das „Protokoll“ von dem Kongreß in erster
und zweiter Lesung mit großer Stimmenmehrheit gutgeheißen. Dadurch
erregte indessen die Volksvertretung den Zorn der Fazenderos, sowie der
brasilischen Chauvins und Nativisten. Diese wußten in Rio de Janeiro,
Santos und Sao Paolo Tumulte gegen die Italiener zu erregen. Nament-
lich in letzter Stadt ist es, wie telegraphisch berichtet worden, zu Aus-
schreitungen gekommen, bei denen die italienische Fahne zerrissen und auf
öffentlichem Markte verbrannt worden ist. Bei den Straßentumulten sind
zehn Italiener ums Leben gekommen. Die Zahl der Verwundeten muß
sehr bedeutend sein, da etwa 50 in die Krankenhäuser gebracht wurden.
Wie es scheint, trifft ein Teil der Schuld auch die Italiener, die
Gegendemonstrationen unternahmen, als sie erfuhren, daß der eingeschüchterte
Kongreß in dritter Lesung das erwähnte Abkommen verworfen habe, doch
sind sie jedenfalls weit überwiegend der mißhandelte und herausgeforderte
Teil gewesen. Der fremdenfeindliche Fanatismus der brasilischen Nativisten
geht nun so weit, daß eine große Anzahl von Zeitungen in Sao Paolo
und Rio de Janeiro nichts Geringeres verlangt, als daß allen in Brasilien
weilenden Italienern der Laufpaß gegeben werde. Aus der Einstimmigkeit,
mit welcher der Kongreß seine früheren Beschlüsse aus Furcht vor dem
Unwillen der Massen annullierte, schließt die „Opinione", das offiziöse
Organ der italienischen Regierung, daß man es in Brasilien mit einer
Regierung zu thun habe, die „aus Schwäche sich dem Pöbel so weit beugt,
daß sie ihren Verpflichtungen untreu wird und nicht mehr im stande ist,
die Iissncnsenngigkeit der eigenen Volksvertretung und das Leben der Fremden
zu schützen“.
Im August schickt Italien einen Spezialgesandten nach Brafilien
und Ende November wird ein Abkommen geschlossen, dessen Bestimmungen
sind: Für die Entschädigung der in Brasilien ansässigen Italiener gewährt
die dortige Regierung eine Pauschsumme von 4 Millionen Lire und ent-
ledigt sich dadurch aller einzelnen Ansprüche. Die italienische Regierung
wird nach ihrem Ermessen die Entschädigungsansprüche ihrer Staatsange-
hörigen aus jener Summe befriedigen, ohne daß Brasilien in den Vertei-
lungsmodus dreinzureden hat. Sollte ein Italiener die ihm von seiner
Regierung gebotene Entschädigung als ungenügend zurückweisen, so stellt
Italien die betreffende Einzelsumme dem brasilianischen Staate wieder zu
und dem Geschädigten bleibt es überlassen, seine Ansprüche durch die brall
lischen Gerichte, ohne Einmischung der italienischen Diplomatie, geltend zu
machen. Die Ansprüche, die sich aus den Unruhen in Rio Grande und
Santa Catharina ableiten, werden durch eine gemischte Kommission geprüft,
in der der deutsche Konsul eventuell das Schiedsrichteramt ausübt; diese
Entschädigungen sind in der Summe von 4 Millionen nicht inbegriffen.
Die brasilianische Regierung spricht ihr Bedauern wegen der Beleidigung
der italienischen Fahne aus. (Vgl. S. 245.)
November. Dezember. Revolution in Uruguay.
Anf. Dezember. (Cuba.) Der bedeutendste Rebellenführer,
Maceo, fällt.