Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zwölfter Jahrgang. 1896. (37)

Cubani- 
sche 
Frage. 
Mittel. 
e. 
336 Mebersicht der politischen Eutwichelung des Jahres 1896. 
hielt er dagegen wider Erwarten nur geringe Majoritäten, und 
der Süden und Westen war überwiegend demokratisch. Der Sieg 
der Goldwährungspartei war daher keineswegs so überwältigend, 
daß er die Gegner völlig entmutigte: unmittelbar nach der Wahl 
erklärte der unterlegene Kandidat Bryan, daß die Agitation fort- 
gesetzt und der Kampf mit frischen Kräften im Jahre 1900 wieder- 
aufgenommen werden sollte. Neben diesen beiden Parteien sind die 
übrigen ohne politische Bedeutung. 
Daneben beschäftigte die cubanische Frage die Gemüter der 
Amerikaner. Der größte Teil des amerikanischen Volkes wünschte 
die Cubaner von der spanischen Herrschaft befreit zu sehen, teils 
aus ehrlichem Abscheu gegen die schlechte Wirtschaft der Spanier, 
teils aus egoistischen, politischen Rücksichten. Der Kongreß, unter- 
stützt von populären Demonstrationen that sein möglichstes, um 
die Regierung zum Vorgehen gegen Spanien zu veranlassen, doch 
wahrte Cleveland in seiner Abneigung gegen internationale Ver- 
wickelungen streng die Neutralität, konnte aber die Unterstützung 
der Insurgenten durch Private nicht verhindern. Das Jahr 1897 
wird zeigen, ob der neue Präsident hierin den Spuren seines Vor- 
gängers folgen wird. 
In Mittel= und Süd-Amerika brachten Chile und Argen- 
tinien friedlich ihre Grenzkonflikte zum Abschluß, und auch die 
Amerika. Entschädigungsstreitigkeiten zwischen Brasilien und Italien, die Jahre 
Afrika. 
lang spielten, wurden durch gegenseitiges Entgegenkommen beendet. 
In Afrika (vgl. oben mehrfach) zog zu Anfang der Raub- 
zug Jamesons nach Transvaal (1895 S. 321) die allgemeine Auf- 
merksamkeit auf sich. Der Flibustierzug fand sein gerichtliches 
Nachspiel in der Verurteilung mehrerer Häupter der Chartered 
Company zum Tode oder zu längeren Freiheitsstrafen, doch wurden 
die Verurteilten schließlich zu Geldbußen begnadigt und mußten 
versprechen, sich nicht mehr in die inneren Angelegenheiten der 
Südafrikanischen Republik einzumischen. Jameson selbst wurde in 
London abgeurteilt, der geistige Urheber des Friedensbruches, Cecil 
Rhodes, blieb indessen auf freiem Fuße, obwohl seine Beteiligung 
offenkundig war. Er erhielt auch in Südafrika bald Arbeit genug, 
da die Matabele= und Maschonastämme nach der Gefangennahme der