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helfen. Ich- habe bewegten Herzens und feuchten Auges auf das Gefilde
gesehen und im Geiste die Kompagnien und Regimenter der alten Märker
eschaut, wie sie vorüberzogen, ihren blutigen Lauf verfolgend. Ich habe
im Geiste fallen sehen, ringen mit dem Tode, das brechende Auge gen
Himmel gewandt, mit der festen Ueberzeugung des Sieges im Herzen und
der gewonnenen Schlacht. Und da ist Mir zum ersten Male die volle Größe
der That, die die Mark für ihren König im großen Kriege gethan hat,
klar geworden, und in Meinem Herzen regte sich das Gelübde, daß für die
Leute, die solches haben thun können, nichts zu hoch, nichts zu viel sei als
daß es ihr Markgraf thun müßte, um sich bei ihnen dafür zu bedanken.
Dies der Rückblick in die große Zeit, die wir soeben in der Erinnerung
erlebten. Nun lassen Sie mich Ihnen ein Bild vorführen aus der Zeit
des Jubiläums des vergangenen Jahres. Wir Menschen pflegen gern die
Ereignisse in der Natur, die sich um uns abspielen, in Verbindung zu
bringen mit dem Finger der Vorsehung, unseres Gottes. Als sich die
„Hohenzollern“ der Einmündung des Kaiser Wilhelm-Kanals näherte, war
die Nacht im Verschwinden. Ein schweres Gewitter stand über uns und
Blitz und Donner wechselten rasch miteinander ab — ein gewaltiges Schau-
spiel! Es schien die Natur in großer Aufregung zu sein. Da ein solches
Gewitter die Eröffnung, ja die ganze Feier in Frage stellen konnte, regte
sich die Besorgnis in Meinem Herzen, ob uns auch dies wohl gelingen
möge. Denn es war das große Werk, welches Mein Herr Großvater an-
gefangen hatte, welches unter den Augen der gesamten Welt der Vollendung
entgegen ging, und eine angsterfüllte Bitte rang sich aus Meinem Herzen,
ob der Himmel uns wohl ein gnadenreiches Zeichen geben würde, und ob
es uns beschieden sein würde, den schönen Tag zu erleben. Das Schiff
schwenkte in die Schleuse ein, lief durch, und auf der anderen Seite, wo
der Kanal begann, waren zwei mächtige Türme aufgestellt von Holz, wie
sie in der alten Zeit die Kreuzfahrer bauten und errichteten, um die Mauern
von Burgen und Städten zu brechen. Von den beiden Türmen hingen
deutsche Fahnen herab, und ein gewaltiges Seil spann sich über den Kanal,
und langsam, in tiefer Totenstille bewegte sich das gewaltige Schiff vor-
wärts. Hinter uns rollten die letzten Donner, und zuckten die letzten Blitze,
und vor uns war ein dämmernd düsteres Gewölk, aus dem bereits ein
goldener Glorienschein anfing aufzugehen. Das Schiff erreichte das Tau;
es spannte sich; der Widerstand schien unüberwindlich; die Türme krachten
— doch das Seil riß, und das Schiff lief in den Kanal. In demselben
Augenblicke stiegen die ersten Strahlen der leuchtenden Sonne durch das
Gewölk empor, dasselbe zerteilend, und eine kurze Stunde darauf leuchtete
die volle Sonne. Auf das hehre Zeichen aber eröffnete sich der Kanal,
und es erschien das Schiff mit der Landesflagge des neugeeinten Reichs,
begrüßt von dem Donner der Schiffe der ganzen Welt. Nun, Meine Herren,
das ist das Fazit, was Wir aus den vergangenen 25 Jahren gezogen haben;
dies ist der Rückblick. Nun erwächst aber auch für uns die Pflicht für die
Zukunft. Das, was wir erlebt, das, was geschehen, verdanken wir doch
nur dem großen Kaiser Wilhelm und seinem Gottvertrauen. Die ganze
Feier, die sich im letzten Jahre abgespielt hat, gipfelte nur in der Verherr-
lichung dieser uns geradezu heilig gewordenen Persönlichkeit. Sie ver-
körpert für uns die Vereinigung unseres vielersehnten neuen deutschen Vater-
landes. Es ist für uns die heilige Pflicht, diese Person, das geheiligte
Andenken an diesen hohen Herrn rein und hehr zu verteidigen gegen jeder-
mann, er möge kommen, von wo er auch will. (Bei diesen Worten schlug
Se. Majestät in wahrnehmbarer Ergriffenheit bekräftigend mit der Hand
auf den Tisch.) Ich bin der festen Ueberzeugung, daß, wie ich einst den
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