Das Ventsche Reic und seine einzelnen GSlieder. (April 20. —21.) 57
in Abzug zu bringen sind, so werden für die vorgesehenen Bauausführungen
noch 61 875 817,55 JX erforderlich, welche durch Ausgabe von Staatsschuld-
verschreibungen aufgebracht werden sollen.
20. April. (Koburg.) Vermählung des Erbprinzen Ernst
zu Hohenlohe-Langenburg mit der Prinzessin Alexandra v. Koburg.
Anwesend sind u. a. das Kaiserpaar, der Herzog v. York, Groß-
fürst Paul von Rußland.
20./21. April. (Reichstag.) Interpellation über das Duell.
Resolution gegen das Duell.
Infolge einer Anzahl von Duellen, die in den letzten Wochen die
öffentliche Aufmerksamkeit in hohem Grade auf sich gezogen hatten, bringen
Abg. Bachem (3.) und Gen. folgende Interpellation ein: Hat der Herr
Reichskanzler Kenntnis von den in letzter Zeit vorgekommenen Zweikämpfen,
bei denen insbesondere Militärpersonen beteiligt waren? Ist dem Herrn
Reichskanzler bekannt, ob und welche Maßregeln zur Verhütung dieser
Zweikämpfe getroffen waren? Welche Maßregeln gedenkt der Herr Reichs-
kanzler zu ergreifen, um in Zukunft den gesetzwidrigen und das allgemeine
Rechtsbewußtsein schwer verletzenden Zweikämpfen wirksamer wie bisher
entgegenzutreten?
Abg. Bachem: Die Duelle beruhten auf einem Widerspruch gegen die
christliche Religion und gegen positive Vorschriften der Gesetzgebung und müßten
endlich, als unserer Zeit nicht mehr entsprechend, beseitigt werden. Der
Redner erklärt die Strafen, die auf Duell ständen, für durchaus unzureichend
und verlangt einerseits die Verschärfung derselben bis zu Zuchthaus, andrer-
seits Aenderung der Ehrengerichte, welche in erster Linie berufen wären,
die Duelle zu verhüten. Ebenso sei aber auch eine Verschärfung der Strafen
für Beleidigungen notwendig.
Staatsminister Dr. v. Boetticher: Ich habe zunächst dem Bedauern
des Herrn Reichskanzlers darüber Ausdruck zu geben, daß er durch Un-
wohlsein verhindert ist, der heutigen Verhandlung beizuwohnen. Sodann
habe ich in seinem Auftrage zur Beantwortung der Interpellation folgende
Erklärung abzugeben: Der Herr Reichskanzler hat von den in letzter Zeit
wiederholt vorgekommenen Zweikämpfen, welche er mit dem Herrn Inter-
pellanten auf das lebhafteste bedauert, Kenntnis genommen. Dafür, daß
die Organe der Staatsgewalt, denen es obliegt, strafbare Handlungen nach
Möglichkeit zu verhüten, gegenüber diesen Zweikämpfen ihre Schuldigkeit
nicht gethan hätten, fehlt es an jedem Anhalt. Wenn es auch in den
Fällen, in welchen die Absicht, zum Zweikampf zu schreiten, vor der Ausführung
bekannt war, nicht gelungen ist, die Duelle zu verhindern, so kann daraus
ein Vorwurf gegen jene Organe nicht abgeleitet werden. Es liegt auf der Hand,
daß diejenigen, welche zum Zweikampf schreiten wollen, stets Mittel und
Wege finden werden, um ihr Vorhaben auszuführen. Daß auch auf dem
Gebiete des Duellwesens in allen Kreisen der Bevölkerung ohne Unterschied
des Standes und Berufs dem Gesetze Achtung und Befolgung zu sichern
ist, hält der Herr Reichskanzler für eine selbstverständliche und unabweis-
liche Forderung des öffentlichen Rechtsbewußtseins. Er ist in ernstliche Er-
wägungen darüber eingetreten, welche Maßregeln zu ergreifen sein werden,
um eine solche Sicherung wirksamer als bisher zu erreichen. Das Ergebnis
dieser Erwägungen mitzuteilen, ist, da dieselben noch nicht abgeschlossen sind,
zur Zeit nicht thunlich. (Bewegung.)
Abg. Rickert (frs. Vg.): Das Duellübel wurzele im Militär und