Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (September 26.—28.) 163
größten Erfolg verspreche. Ihm scheine die Politik Bismarcks, ein mög-
lichst starkes Heer zu erhalten, eine größere Gewähr des Friedens als Ver-
träge. Vor allem hätten wir die moralische Verpflichtung, die eigenen
Landesgrenzen zu schützen.
26./27. September. (München.) Erste Konferenz des Ver-
bandes deutscher Arbeiternachweise. — Die Beratungen behandeln
die Erhaltung der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte, die Arbeits-
nachweisstatistik und die Frage der Gebühren bei der Arbeits-
vermittlung.
27. September. (Danzig.) Enthüllung eines Denkmals auf
dem Grabe russischer in den Jahren 1813 und 1814 gefallener
Soldaten unter Teilnahme preußischer und russischer Militärs.
28. September. (Westfalen.) Auf der Zeche „General
Blumenthal“ bei Herne kommen durch einen Sturz des Förder-
korbes 18 Arbeiter ums Leben.
September. (Preußen.) Aufrufe der Parteien zu den Land-
tagswahlen.
Die freisinnige Volkspartei veröffentlicht ihren Aufruf zuerst.
Er kritisiert die innere Politik der Regierung scharf und schließt: Die
großen Gefahren für die Entwickelung des Staatswesens, welche bei den
Neuwahlen die Möglichkeit einer konservativen Mehrheit des Abgeordneten-
hauses in sich birgt, müssen allenthalben auffordern, die Wahl von Ab-
geordneten vorzubereiten und durchzuführen, welche Bürgschaft leisten gegen
weitere Rückschritte der Gesetzgebung, insbesondere gegen weitere Verküm-
merungen der Volksrechte und Volksfreiheiten. Darum Ihr Wähler in
Stadt und Land, tretet mit aller Kraft ein für die Wahl von Abgeord-
neten der freisinnigen Volkspartei. Wo jedoch im Lande unsere Freunde
für sich allein nicht stark genug sind, die Wahl von Parteigenossen zu sichern,
mögen sie sich dazu rechtzeitig mit solchen Parteien verbünden, welche Ge-
währ leisten, wenigstens in der Abwehr gegen die konservativen Parteien
mit uns zusammenzustehen.
Die nationalliberale Partei wendet sich vornehmlich gegen ultra-
montane und agrarische Bestrebungen: Die ultramontane Begehrlichkeit
erstrebt im Einzelstaat, namentlich in Preußen, die Gegenleistung für ihre
Mitwirkung an den Aufgaben der Reichspolitik. Die wirtschaftlichen
Interessengruppen suchen mit ihren Forderungen in den Einzelstaaten durch-
zudringen, wenn sie im Reiche abgewiesen sind. Unser Bemühen ist es seit
Jahren gewesen, die Staatsregierung der Herrschaft und dem Zwange
solcher einseitigen Bestrebungen zu entziehen. Wir haben den Kampf gegen
extreme wirtschaftliche Forderungen, namentlich gegen die Verstaatlichung
des Getreidehandels und die Umwälzung unserer auf gesicherter Grundlage
beruhenden Währungsverhältnisse, aufnehmen müssen. So erst wurde der
Weg frei für eine besonnene und praktische Erwägung der bedrängten Lage
und für eine wahrhaft wirksame Unterstützung unserer Landwirtschaft. In
voller Würdigung berechtigter Klagen und der daraus hervorgehenden For-
derungen werden wir auf diesem Wege weiterschreiten und wir erwarten,
daß auch bei dem Abschluß neuer Handelsverträge unter Wahrung der
Interessen von Industrie, Handel und Gewerbe die Landwirtschaft volle
Berücksichtigung findet. — Ueber die von den Sozialdemokraten drohenden
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