196 Jie Geslerreichisch--Augerische Monarchie. (Januar 8.—13.)
Sprache oder der Unteilbarkeit Böhmens abträglich sei, und habe wieder-
holt die absolute Notwendigkeit hervorgehoben, im Interesse des Reiches
und des Landes in der Sprachenfrage zu einer beide Teile befriedigenden
Lösung zu gelangen. Die Abgeordneten versprechen, daß, falls demnächst
das Standrecht aufgehoben werde, in Prag keinerlei Unruhen zu befürchten
seien, umsoweniger, als die Prager Bevölkerung schon im eigenen Interesse,
im Interesse der böhmischen Sache und auch aus Achtung vor dem Land-
tage Böhmens, sowie vor allen Landtagsabgeordneten, sowohl den böhmi-
schen wie den deutschen, volle Ruhe bewahren werde.
8. Januar. (Böhmen.) Aufhebung des Standrechts in
Prag. (Vgl. 1897 S. 218.)
9. Januar. (Böhmen.) In einer in Leitmeritz abgehaltenen
Versammlung von 62 deutschen Abgeordneten Böhmens wird ein-
stimmig die Teilnahme der deutschen Abgeordneten an den Ver-
handlungen des böhmischen Landtages beschlossen.
12. Januar. (Pest.) Das Abgeordnetenhaus genehmigt den
Gesetzentwurf, betreffend die Regelung des Rechtsverhältnisses zwischen
den landwirtschaftlichen Arbeitgebern und Arbeitern. (Annahme
im Oberhause 15. Januar.)
14. Januar. (Tirol.) Der Landtag über den Sprachen-
kampf.
Der Landtag genehmigt einen Antrag der deutschen Abgeordneten,
nach welchem der Landtag unter entschiedener Verurteilung der Vorgänge
im Parlament, durch welche die Thätigkeit desselben unmöglich gemacht
worden sei, die Einleitung der Versöhnungsaktion in den Landtagen
Böhmens und Mährens freudigst begrüßt und die Erwartung ausspricht,
daß es der Regierung gelingen werde, unter Bewilligung der gerechten
Forderungen eine Regelung der Sprachenverhältnisse herbeizuführen, sowie
schließlich die Notwendigkeit betont, daß die gerechten Beschwerden über die
Sprachenerlasse berücksichtigt werden.
13. Januar. (Böhmischer Landtag.) Erklärung des Statt-
halters über die Prager Exzesse. (Vgl. 1897 S. 218.)
Auf eine Interpellaeion Werunsky über die Vorgänge in Prag
erwidert der Statthalter Graf Coudenhove: Es sei außerordentlich schwierig,
Exzedenten, die vor der bewaffneten Macht fliehen, sich dann sofort den
Anschein harmloser Passanten geben und bei einer neuen Gelegenheit ihr
Zerstörungswerk fortsetzen, in einem so großen Stadtgebiete an der Plünde-
rung zu verhindern. Die rücksichtslose Anwendung der Waffen, von denen
bei den Ausschreitungen nur in beschränktem Maße Gebrauch gemacht worden
sei, hätte für die Bevölkerung, besonders für unbeteiligte Passanten, außer-
ordentlich traurige Folgen gehabt. Der Sicherheitsdienst sei durch die
große Schwierigkeit, die einlangenden Nachrichten rasch auf ihre Richtigkeit
zu prüfen, außerordentlich behindert gewesen. Der Statthalter versicherte,
in Zukunft werde alles aufgeboten werden, die Aufrechterhaltung der Ord-
nung und die Sicherheit des Eigentums und der Personen unter allen Um-
ständen zu gewährleisten. Was die Entschädigungsfrage anlange, so ver-
möge die Regierung eine Verpflichtung der Staatsverwaltung zur Ent-
schädigung nicht anzuerkennen, es sei jedoch eine Hilfeleistung für kleinere,