Vie Gesterreichisch-Angarische Meuarhie. (Januar 22.—29.) 199
schränkungen sollten nicht lange dauern. Die Regierung lege viel zu großen
Wert darauf, daß die altehrwürdige Universität Prag blühe, als daß sie
dauernde Beschränkungen alter Freiheiten und Rechte der Studenten in
Aussicht nehmen könne. Er dürfe im Gegenteil hoffen, daß der Eintritt
ruhigerer Zeiten bald die Möglichkeit bieten werde, der Stadt ihre volle
Freiheit wieder zurückzugeben.
22. Januar. (Böhmen.) Streik der deutschen Hochschulen.
Der akademische Senat an der deutschen Univerfität Prag tritt in
Corpore zurück, weil die Zusagen, welche den deutschen Professoren hinsicht-
lich des Schutzes der deutschen Studenten und der Gestattung des Farben-
tragens seitens der Regierung gemacht worden, nicht gehalten worden seien.
— Aus demselben Grunde stellen die Professoren an der deutschen technischen
Hochschule die Vorlesungen ein.
28. Januar. (Wien.) Der niederösterreichische Landtag
nimmt einstimmig den Dringlichkeitsantrag Scheicher an, der die
Regierung auffordert, die Sprachenverordnungen sofort aufzuheben,
und die Überzeugung ausspricht, daß die Sprachenfrage auf gesetz-
lichem Wege nur in der Kompetenz des Reichsrates gelöst wer-
den könne.
29. Januar. (Pest.) Abgeordnetenhaus. Protest gegen
die Magyarisierung der Siebenbürger. Weitere Beschwerden der
Deutschen. Frauendeputation.
Der sächsische Abgeordnete Meltzl fragt den Handelsminister, ob es
wahr sei, daß Eisenbahn-Oberbeamte auf die untergeordneten Beamten einen
Einfluß ausübten, um deren Namen magyarisieren zu lassen, wie dies unter
der sächsischen Bevölkerung vorgekommen sein solle. Er hoffe, daß die Re-
gierung dieser Aktion fernstehe, fordere deshalb amtliche Aufklärung und
stelle die Frage, ob der Minister geneigt sei, solchen Mißbrauch von seiten
der Oberbeamten, falls er begangen werden sollte, sofort abzustellen. — Der
Redner wird von der Linken häufig durch leidenschaftliche Zwischenrufe
unterbrochen.
Eine Deputation siebenbürgischer Frauen geht nach Wien, um dem
Kaiser eine Denkschrift über die gewaltsame Magyarifierung vorzulegen.
Sie wird nicht empfangen, erhält aber bei dem Ministerpräs. v. Banffy
eine Audienz.
Zum Beweise, daß die Magyarisierung der deutschen Familiennamen
unter dem Druck der Regierung erfolgt, veröffentlicht die „Kronstädter Ztg.“
folgendes Aktenstück: Zirkularverordnung des Innerministeriums an alle
Munizipien. Ich schicke X Exemplare des „Wie magyarisieren wir die
Familiennamen betitelten Heftes des Vorsitzenden der Zentralmagyarisierungs-
Gesellschaft Telkes Simon zu entsprechender Verbreitung an das Publikum
des Munizipiums, mit der Aufforderung, sämtliche Beamte zur Beförderung
der heilsamen Bewegung der Namensmagyarisierung in möglichst weiten
Kreisen anzuweisen. In Vertretung des Ministers: Latkozczy Joseph,
Staatssekretär.
Nach Mitteilungen der Presse soll Banffy die Frauenabordnung
wegen ihrer Petition an den König heftig angelassen und gesagt haben:
„Seine Majestät macht keine Politik. Die Politik wird durch die Regierung
gemacht.“ (Dtsch. Wochenbl. 1898, VI.)