Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierzehnter Jahrgang. 1898. (39)

200 die Oesterreihisqh · Angarishe Menarihie. (Januar 29. — Februar 4.) 
29./30. Januar. (Leitmeritz.) Deutscher Akademikertag 
und Volkstag. 
Eine Versammlung von 1000 deutschen Studenten und Professoren 
fordert die alsbaldige Verlegung der deutschen Hochschulen in eine Stadt im 
deutschen Gebiete Böhmens. In Prag sei bis zur vollendeten Verlegung 
auszuharren, falls den Studenten ihre Rechte zurückgegeben und gewahrt 
würden. Ferner wird beschlossen, die Vorlesungen in Prag nicht zu besuchen, 
falls nicht bis Montag Mittag das Verbot des Farbentragens aufgehoben 
mri — Im Anschluß hieran findet ein Volkstag statt, der den Beschlüssen 
zustimmt. 
Anf. Februar. (Cisleithanien.) Proteste der deutschen 
Hochschulen gegen das Verbot Farben zu tragen. 
An sämtlichen deutschen Hochschulen beschließen die deutsch-national 
gefinnten Studenten, den Vorlesungen fernzubleiben, um gegen das Verbot 
des Farbentragens in Prag zu protestieren. — Eine Konferenz der Rektoren 
in Wien (2. Febr.) beschließt die Vorlesungen fortzusetzen und die Studenten 
vor Störungen zu warnen. — In einer Audienz beim Minsterpräsidenten 
erklären die Rektoren: Die Ursachen der bedauerlichen Studentenbewegung 
seien auf die Maßnahmen der früheren Regierung zurückzuführen, durch 
welche Erregung nicht nur in der Studentenschaft, sondern in der ganzen 
deutschen Bevölkerung hervorgerufen sei. Allseitig sei festgestellt, daß die 
Bewegung mit dem Wechsel des Ministeriums würde nachgelassen haben, 
wenn nicht Zustände in Prag eingetreten wären, welche die Schutzlofigkeit 
der Deutschen erwiesen hätten. Frhr. v. Gautsch erwidert: Das Recht des 
Farbentragens sei mit aller Klarheit anerkannt worden und die bezügliche 
Erklärung habe durch die zeitweise und allgemeine Untersagung des Farben- 
tragens in Prag nichts an ihrer Bedeutung verloren. In dem Verbote 
könne durchaus nicht eine mißgünstige Gesinnung gegen die deutschen Hoch- 
schulen erblickt werden. Die Regierung sei fest entschlossen, den deutschen 
Hochschulen in Prag den vollsten staatlichen Schutz zu gewähren. Aber 
die Hochschulen seien Stätten der Lehre und Forschung und nicht der Schau- 
platz des politischen Getriebes und unstatthafter Kundgebungen, der Staat 
werde derlei unter gar keinen Umständen dulden. An mehreren Universi- 
täten kommt es zu Tumulten; in Wien, Graz, Brünn und Innsbruck 
werden die Vorlesungen eingestellt. 
4. Februusr. (Krain.) Der Landtag nimmt mit allen 
Stimmen der Slovenen gegen die Stimmen der deutschen Minder- 
heit den Dringlichkeitsantrag des Abg. Hribar an, der die Regie- 
rung auffordert, die sofortige Wiederaufnahme der zeitweise ein- 
gestellten Vorlesungen an allen Universitäten und Hochschulen ver- 
anlassen zu wollen. 
Februar. (Ungarn.) Im Szaboliser Komitate zeigen sich 
agrarsozialistische Unruhen. Es kommt zu blutigen Zusammen- 
stößen zwischen Bauern und Polizei. — Die Regierung erläßt 
einige Bestimmungen gegen die sozialistische Presse. 
Februar. (Ungarn.) Der frühere liberale Abgeordnete 
Rohonczy macht Enthüllungen über Verkäufe von Orden und 
 
	        
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