Die Gesterreichisch Angerische Monarchie. (März 4. 5.) 203
machtstellung Oesterreichs nach außen und nach innen betont, trotz der vielen
Volksstämme, die in diesem Reich wohnen. Wir erklären feierlich, an der Ein-
heit des Kaiserreichs Oesterreich und an der von Sr. Majestät gegebenen
Verfassung festzuhalten. Wir haben nicht geglaubt, daß ein Adreßentwurf
auf die Tagesordnung kommen wird, der sich gegen alles kehrt, was unserem
Volke teuer ist, und gegen uns, die wir die Vertreter dieses 2½ Millionen-
Volkes find. Wir erklären feierlichst, daß wir sowohl an dieser, als auch
an den sich anschließenden Verhandlungen uns nicht mehr beteiligen werden.
(Lebhafter anhaltender Beifall bei den Deutschen.) — Hierauf verließen die
deutschen Abgeordneten den Saal.
Der Statthalter Graf Coudenhove erklärt, daß die Regierung sich
auf den staatsrechtlichen Standpunkt der Adresse nicht stelle, aber er gibt
nicht die erwartete Erklärung, daß der Kaiser die Adresse nicht annehmen
könne. — Die Adresse wird angenommen.
Der Jungtscheche Gregr sagt (28. Februar), die Erklärung der
Regierung, daß sie nicht auf dem staatsrechtlichen Standpunkte des Adreß-
entwurfes stehe, werde bei dem erbitterten tschechischen Volke eine ebenso
kurze und deutliche Antwort finden.
Anf. März. Differenzen zwischen der österreichischen und
ungarischen Regierung über den Ausgleich.
Nach Preßberichten richtet der ungarische Ministerpräsident Bauffy
eine Note an Gautsch, er könne die Einbringung einer Ausgleichsvorlage
nicht länger hinausschieben. Gautsch erstattet hierüber dem Monarchen
Vortrag, und dieser weist ihn an, den Reichsrath sobald wie möglich einzu-
berufen. Gautsch trägt dem Kaiser vor, die Einberufung des Reichsrats
werde nicht viel helfen, weil dieser infolge der Parteiverhältnisse aktions-
unfähig sei. Trotzdem besteht der Kaiser auf der Einberufung. Auf die
Note Banffys antwortet Gautsch mit dem Verlangen, er möge ein drittes
Ausgleichsprovisorium herbeiführen, was Banffy ablehnt. — Gerüchte
sprechen von einem baldigen Rücktritt des Ministeriums Gautsch.
4. März. (Pest.) Das Abgeordnetenhaus lehnt einen An-
trag Kossuth, das italienische Parlament anläßlich des italienischen
Verfasfungsjubiläums zu begrüßen, ab. Ministerpräsident v. Banffy
erklärt den Antrag als der Gewohnheit widersprechend.
5. März. (Cisleithanien.) Ministerwechsel.
Das Ministerium Gautsch tritt zurück, der Kaiser ernennt den
früheren Statthalter von Böhmen, Grafen Thun, zum Ministerpräsidenten.
Das Ministerium wird folgendermaßen neu gebildet: Vorsitz und Inneres
Graf Thun, Landesverteidigung Graf Welsersheimb, Eisenbahnen Ritter
von Wittek. Unterricht Graf Bylandt-Rheydt, Justiz Edler von Rubner,
Finanzen Kaizl (Jungtscheche), Handel Bärnreither (deutsch. Großgrundbes.),
Ackerbau Baron Kast, Minister ohne Portefeuille Ritter von Jendrzejovicz.
März. (Cisleithanien.) Stellung der Parteien zu dem
Ministerium und den neuen Sprachenverordnungen.
Die Vertrauensmänner der Rechten erklären: Die Rechte ist nicht
entschlossen, die Regierung um jeden Preis zu unterstützen, sondern nur für
den Fall, daß diese Willen und Entschlossenheit genug besitzen wird, um
nach dem Programm der Rechten und im Geiste desselben die unhaltbaren
Zustände dieser Reichshälfte zu ordnen. Würde Graf Thun in sein Kabinett