Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierzehnter Jahrgang. 1898. (39)

Die Oesterreihhisch-Angarische Menarchie. (April 11./12.) 207 
11./12. April. (Pest.) Feier zur Erinnerung an den Erlaß 
der Gesetze von 1848. — Ansprachen des Königs an die Parla- 
mente und den Gemeinderat. 
Die beiden Häuser des ungarischen Reichstages halten eine gemein- 
schaftliche Sitzung ab, in welcher das Gesetz, betreffend die Verewigung der 
Feier zur Erinnerung an den Erlaß der 1848 er Gesetze, verkündet wird. 
Nach der Sitzung fahren die Mitglieder beider Häuser nach der Königs- 
burg, wo der Präfident des Abgeordnetenhauses von Szilagyi namens der 
beiden Häuser dem König den Dank für die Sanktionierung dieses Gesetzes 
ausdrückt. Der König erwidert: „Die Versicherung der treuen Anhänglich- 
keit der im Reichstage Meiner Länder Ungarn, Kroatien und Slavonien 
versammelten Magnaten und Abgeordneten nehme ich mit besonderer Freude 
und innigstem Dank an, zumal am heutigen Tage, der die halbhundert- 
jährige Wiederkehr des Zeitpunktes jenes denkwürdigen, geschichtlichen und 
wichtigen Ereignisses bedeutet, wo die 1848er Gesetze, welche die alte stän- 
dische Verfassung und das gesamte öffentliche Leben der Länder Meiner 
ungarischen Krone in einem den Anforderungen der neuen Zeit ensprechen- 
den Geiste umgestalteten, die Königliche Sanktion erhielten. Mit Freude 
habe Ich den Gesetzentwurf sanktioniert, in welchem die Nationalfeier des 
Andenkens an die Schöpfung jener Gesetze festgestellt wird und dessen An- 
nahme von patriotischer Pietät eingegeben war. Denn, nachdem damals 
jener Modus festgestellt wurde, nach welchem die zwischen den Ländern 
Meiner ungarischen Krone und Meinen übrigen Königreichen und Ländern 
bestehenden gemeinsamen Angelegenheiten auf verfassungsmäßigem Wege zu 
behandeln und die auf der pragmatischen Sanktion beruhenden Verpflich- 
tungen hinsichtlich der gemeinsamen Verteidigung zu leisten sind, wie auch 
jener Modus, nach welchem das staatsrechtliche Verhältnis zwischen Ungarn 
und dessen Nachbarländern ständig geordnet wurde, hat fürwahr die um- 
gestaltende Wirkung der 1848er Gesetze jene Grundlage geschaffen, auf 
welcher die staatliche Existenz der Länder der ungarischen Krone in neuerer 
Zeit beruht und auf welcher die geistige und materielle Entwickelung der- 
selben in so erfreulicher Weise fortschreitet. Ich vertraue auf den Patriotis= 
mus der Völker in den Ländern Meiner ungarischen Krone, sowie auf die 
umsichtige, besondere Weisheit ihrer Gesetzgeber und hoffe, daß auf der 
bestehenden Grundlage die Fortentwickelung der staatlichen Existenz sich 
stets auf einem Wege vollziehen werde, der zur Förderung des wahren 
Wohles des Landes und mittelbar zur Förderung der Machtstellung und 
des Ansehens der Monarchie führt. Auf diesem Gebiete und in dieser 
Richtung können Sie stets auf Mein Wohlwollen und auf Meine wirksame 
Unterstützung rechnen. Indem Ich den Allmächtigen bitte, unserem gemein- 
samen Streben nach diesem Ziele seinen reichen Segen zu verleihen, ver- 
sichere Ich Sie Meiner unveränderten Gnade. 
Am folgenden Tage überreicht der Budapester Gemeinderat eine 
Huldigungsadresse. Der König erwidert: Die Kundgebung loyaler Gefühle 
und der treuen Anhänglichkeit Meiner ungarischen Haupt= und Residenz- 
stadt habe Ich bereits bei dem gestrigen glänzenden Fackelzuge, mit welchem 
Mich die Bürgerschaft erfreute, gerührt wahrgenommen. Die Bevölkerung 
konnte mit Recht mit gesteigertem Dankgefühle die fünfzigste Jahreswende 
der Gesetze von 1848 feiern; haben doch diese Gesetze Budapest zur wirk- 
lichen Hauptstadt des Landes erhoben, indem sie zugleich den Grund zu 
jener hochgradigen Entwickelung legten, welche wir seither freudig wahr- 
genommen haben. Indem Ich Sie versichere, daß Ich für das Wohl und 
das Emporblühen Meiner ungarischen Residenzstadt das lebhafteste Interesse 
 
	        
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