Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierzehnter Jahrgang. 1898. (39)

208 Bie Gesterreichisch-Angerische Menarcie. (April 15.—27.) 
hege, bitte Ich Sie, Ihren Mitbürgern Meinen herzlichen Gruß und Meinen 
aufrichtigen Dank zu überbringen. 
15. April. Die österreichisch--ungarischen Kriegsschiffe ver- 
lassen die kretischen Gewässer. 
20. April. Dem österreichischen und ungarischen Parlament 
wird die Ausgleichsvorlage vorgelegt. 
Die Vorlage umfaßt die Reform der Verzehrungssteuer, die Fortführ- 
ung der Währungsreform, die Abänderung des Bankstatuts und die Erneuerung 
des Zoll= und Handelsbündnisses. Die Reform der Verzehrungssteuer bezweckt 
die Steigerung der Staatseinahmen, die Hebung der Finanzlage der König- 
reiche und Länder und die Verbesserung der Lage der Unternehmungen und 
Betriebe. Aus dem Ertrage der Branntweinsteuer und der Biersteuer 
sollen 10 ½ Millionen den Ländern überwiesen werden. Die Netto-Mehr- 
einnahme für den Staatsschatz wird auf 39 Millionen veranschlagt. Die 
Zuckersteuer wird auf 19 Gulden erhöht. Als Maximalsumme der Aus- 
fuhrbonifikationen verbleiben 9 Millionen für den Rückersatz der Ausfuhr= 
prämien. Ueber dieses Maximum hinaus wird ein neuer Verteilungsmodus 
vorgeschlagen, nach welchem die großen Fabriken mehr, die kleineren weniger 
ersetzen sollen. Die Konsumsteuer fließt den Ländergebieten zu, in denen 
der thatsächliche Konsum erfolgt. Der Mineralöl-Zoll wird zum Schutz 
der inländischen Produktion von rohem Petroleum auf 3 ½ Gulden erhöht. 
Behufs Fortführung der Währungsreform schlägt die Regierung die Ein- 
ziehung der restlichen 112 Millionen Staatsnoten vor durch Goldeinzahlungen 
des Staats bei der Oesterreichisch-Ungarischen Bank und durch Ersetzung derselben 
durch 64 Millionen 5 Kronen-Silbermünzen und 108 Millionen 10 Kronen- 
Banknoten, ferner die Einziehung der 70 Millionen Salinenscheine durch 
ein 3 ½ prozentiges Anlehen. Nach der Bankvorlage soll die Beteiligung 
des Staats an dem Gewinn anstatt bei 7 schon bei 4 Prozent beginnen. 
Die 80 Milionenschuld wird auf 30 Millionen herabgesetzt durch Rückzahlun 
von 30 Millionen seitens Oesterreichs und Abschreibung des Restes durch 
die Oesterreich-Ungarische Bank. Die wesentlichsten Neuerungen des Zoll- 
und Handelsbündnisses beziehen sich auf die Revision des Zolltarifes bei 
Ablauf der Handelsverträge im Jahre 1903, auf die Aufhebung des Mahl- 
verkehrs und auf Eisenbahntariffragen. Neben der ungarischen soll eine 
österreichische Warenstatistik angelegt werden. Gegen die Verfälschung der 
landwirtschaftlichen Artikel werden Schutzmaßregeln eingeführt. 
20. April. Die österreichische und ungarische Regierung ver- 
bieten die Einfuhr amerikanischen Obstes, um die Einschleppung 
der San José-Schildlaus zu verhüten. (Vgl. S. 31.) 
26. April. (Wien.) Das Abgeordnetenhaus beschließt 
nach heftiger Debatte mit 175 gegen 167 Stimmen den Antrag, 
Badeni in Anklagezustand zu versetzen, an einen Ausschuß zu ver- 
weisen. 
26. April. (Wien.) Das Reichsgericht erklärt die lex 
Falkenhayn (Jahrg. 1897 S. 215) infolge einer Klage von damals 
aus der Sitzung ausgeschlossenen Abgeordneten für ungültig. 
27. April. (Wien.) Abgeordnetenhaus. Ministerpräsfident
	        
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