Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierzehnter Jahrgang. 1898. (39)

Sie Gesterreichisch-Augerische Menarchie. (Juni 8. 12.) 219 
Arbeit, also auch die Erledigung der wichtigsten Regierungsvorlagen, ver- 
bindem würden, er nicht in der Lage sei, dem Hause ein Arbeitsprogramm 
vorzulegen. 
8. Juni. (Pest.) Oberhaus. Debatte über die Landarbeiter- 
frage und die sozialistische Agitation. 
Auf eine Interpellation erklärt der Ackerbauminister Daranyi, 
daß die Entnahme von Arbeiterlegitimationen seitens der Feldarbeiter im 
großen und ganzen glatt verlaufe und auch durch die von dem Besitz der 
Legitimation abhängigen Eisenbahnvergünstigungen der Arbeiter vorteilhaft 
gefördert werde. Ernteverträge würden noch immer im ganzen Lande ab- 
geschlossen. Nur ausnahmsweise sei das Ackerbauministerium um Aushilfs- 
arbeiter angegangen worden. Der Minister bemerkte, daß er jede Nachfrage 
nach Arbeitern befriedigen könne. Die Einhaltung der Ernteverträge seitens 
der Arbeiter sei gesetzlich gesichert; er wolle jedoch auch die Grundbesitzer 
darauf aufmerksam machen, daß sie ihrerseits gleichfalls dem Gesetz zu ge- 
nügen hätten. Der Minister teilte ferner mit, daß auch Arbeiter sich an 
die Regierung gewandt hätten, um Arbeit zu erhalten, und daß sie über 
40000 Arbeiter verfüge. Er glaube nicht, daß größere Komplikationen 
eintreten würden. Die Regierung werde allen Möglichkeiten gegenüber mit 
größter Entschiedenheit vorgehen. 
12. Juni. (Wien.) Der Reichsrat wird vertagt. — Be- 
merkungen der Presse. 
„Fremdenblatt“: Die Vertagung sei weder ein Akt der Maßregelung 
noch ein Entgegenkommen für irgend eine Partei seitens der Regierung. 
Die Vertagung sei vielmehr eine allseitige Notwendigkeit geworden, der sich 
die Regierung nicht entziehen konnte. Das Blatt hofft, daß die Gegensätze 
in der Ruhepause sich soweit näher kommen werden, um dem Parlamente 
die Erfüllung seiner Aufgaben zu ermöglichen. Die Zukunft des Parla- 
mentarismus liege in den Händen der Parlamentarier selbst, vor allem in 
dem endlichen Durchbruch des mannhaften staatlichen Sinnes, in dem ernsten 
patriotischen Pflichtgefühl gegenüber dem steten Antrieb des Radikalismus. 
„Neue Freie Presse": Hinsichtlich der Vertagung des Reichsrates 
bestände keinerlei Meinungsverschiedenheit im Ministerium. Der Wieder 
zusammentritt des Reichsrates sei Ende September in Aussicht genommen 
und bis dahin solle eine Beseitigung der Schwierigkeiten durch Verhand- 
lungen mit den Parteien versucht werden. 
„Vaterland“ (kler.): Die Vertagung sei nur ein neues Glied in der 
großen Kette von Maßregeln und geeignet, wenn auch nur für eine kurze 
Zeit, eine gewisse Beruhigung herbeizuführen. Irgend welche andere weit- 
gehende Absichten seien völlig ausgeschlossen. 
Mitte Juni. (Wien.) Außerungen der Parteien über den 
Schluß des Reichsrats. 
Eine Kundgebung der Mehrheitsparteien führt aus: Die Majorität 
habe opferwillig alles gethan, was die Arbeiten im Parlament hätte er- 
möglichen, und alles unterlassen, was diese irgendwie hätte verhindern können. 
Sie habe die Wiederwahl des früheren Präsidiums des Abgeordnetenhauses 
unterlassen, auf scharfe Maßregeln für den Fall der Störung der Be- 
ratungen verzichtet, die zu Gunsten der Deutschen abgeänderten Sprachen- 
verordnungen ohne Opposition hingenommen und keinerlei Versuch gemacht, 
die Sprachendebatte abzukürzen. Bei der Einbringung des Budget-Provi- 
soriums sowie wichtiger volkswirtschaftlicher und sozialpolitischer Gesetz- 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.