Die Gesterreichisch-Aungarische Monarchie. (Juni 13. 18. 19.) 221
für die böhmischen Finanzbehörden habe die Partei von derselben kaum
etwas zu erwarten. Aber auch den Gegnern sei es nicht gelungen, ihren
in letzter Linie auf die Zertrümmerung und Slavisierung Oesterreichs
hinauslaufenden Zielen näher zu kommen. Die Partei bedauere auf das
tiefste die Lhmung des Verfassungswesens und die Unmöglichkeit des Zu-
standekommens eines gerechten Ausgleichs mit Ungarn, wofür nicht der
Partei, sondern denen die Schuld beizumessen sei, die den Kampf auf-
gezwungen und den absolut unannehmbaren Ausgleich mit der ungarischen
Regierung abgeschlossen hätten. Das Manifest schließt mit der Betonung
des Festhaltens an der deutschen Gemeinbürgschaft und der Versicherung,
daß die Deutschen den Kampf bis zum sicheren Siege fortführen würden. —
Eine Kundgebung der deutschen Volkspartei bedauert, daß die Regie-
rung zögere, durch unbedingte Aufhebung der Sprachenverordnungen den
Frieden im Staate wieder herzustellen, und protestiert gegen jeden Versuch,
die Verfassung zu verletzen oder zu umgehen, verwahrt sich gegen absoluti-
stische Versuche und erachtet es als gebieterische Pflicht der Regierung, die
Sprachenverordnungen aufzuheben. Das deutsche Volk verlange die Ent-
scheidung und werde keine andere dulden als eine solche, welche dem Rechte
und der nationalen Ehre entspreche. — Ein Manifest der freien deutschen
Vereinigung führt aus, daß sie auf dem Boden der deutschen Gemein-
bürgschaft verharre, fordert die Aufhebung der Sprachenverordnungen und
wünscht ebenso dringend die Wiederkehr ruhiger parlamentarischer Verhält-
nisse. Die Vereinigung werde, wenn die Hauptbedingung von der Regie-
rung erfüllt werde, sich gern an der fruchtbringenden Arbeit beteiligen und
jedem unbegründeten Versuche, solche Arbeit zu stören, entgegentreten. —
Eine Kundgebung der christlich-sozialen Partei endlich betont, daß sie
an der deutschen Gemeinbürgschaft und der Treue zu dem Vaterlande fest-
halte, durchdrungen von der Ueberzeugung, daß es den Deutschen möglich
sei, durch eigene Kraft die ihnen gebührende Stellung wieder zu erringen
und zu behaupten.
13. Juni. (Wien.) Die österreichische Quotendeputation
schlägt eine Quote von 61 1 für Osterreich und 38½ für Ungarn
vor. Die ungarische Deputation lehnt ab.
18./19. Juni. (Böhmen.) Palackyfeier in Prag. Rede
Komarows. Verbindung mit den Rufssen. Widerspruch der Polen.
Zur Feier des 100. Geburtstages des böhmischen Geschichtsschreibers
Palacky wird in Prag der Grundstein eines Palacky-Denkmals gelegt. Es
find dazu Vertreter aller flavischen Stämme erschienen, so daß die Feier
den Charakter einer allslavischen Verbrüderung annimmt. Der Großfürst
Konstantin von Rußland, der Präsident der Petersburger Akademie, sendet
ein Glückwunschtelegramm. Aus Rußland ist erschienen General Komarow,
Herausgeber des „Swjet“. Er hält auf dem Festmahl eine Rede, in welcher
er darauf hinweist, daß die Slaven nur einen gemeinsamen Feind haben,
den sie vereint bekämpfen müssen. Er hebt hervor, daß das russische Volk
für alle Slaven die gleichen Sympathien, die gleiche Liebe hege, und daß
das russische Volk erst dann Ruhe und Frieden finden könne, wenn jene
Welle, die sich jetzt gegen das Slaventum heranwälzt, wieder dorthin
zurückgeworfen sein wird, woher sie kam. Dann, wenn unser Sieg über
diesen Gegner ein vollständiger sein wird, werden wir alle jene Zwistig-
keiten, welche noch dermalen zwischen den slavischen Nationen bestehen,
leichter ausgleichen. Ein Pole antwortet ihm in gleichem Sinne.