Vie Gesterreichistz-Angerische Menarcie. (August 24.—Sept. 13.) 225
24. August. (Pest.) Die Verhandlungen über den Aus-
gleich werden zwischen den beiden Ministerien fortgesetzt. — Eine
Einigung findet nicht statt; beide Regierungen verbffentlichen eine
Erklärung, in der es heißt:
Angesichts der gegebenen Verhältnisse konnten die Regierungen nicht
umhin, auch die Eventualität ins Auge zu fassen, daß die rechtzeitige par-
lamentarische Erledigung des Ausgleichs auf Schwierigkeiten stößt. Die
für diesen Fall in Aussicht zu nehmenden Modalitäten bildeten einen wich-
tigen Gegenstaud der Erörterung. Im Laufe der langwierigen Verhand-
lungen ist es gelungen, eine Uebereinstimmung in den Ansichten der beiden
Teile über jene Prinzipien herzustellen, nach denen dann vorzugehen wäre,
wenn die Umstände wirklich eingetreten sein sollten, für welche diese Even-
tualmodalität ins Auge gefaßt erscheint. Für alle Fälle find die Regier-
ungen gerüstet.
Ende August. Die magyarische Prefse begrüßt den Abrüst-
ungsvorschlag des Zaren als eins der bedeutendsten Ereignisse der
letzten Jahrzehnte, auch österreichische Zeitungen wie „Vaterland“,
„Neue Freie Presse“ schreiben ähnlich, die deutsch-nationale Presse
ist skeptischer.
30. August. Die „Wiener Abendpost“ schreibt über die Aus-
gleichsverhandlungen:
Die Verhandlungen, welche zwischen der österreichischen und ungari-
schen Regierung in der letzten Zeit geführt wurden, fanden heute unter
Vorsitz des Kaisers ihren Abschluß. Nach einer eingehenden Darstellung
des Ganges der Verhandlungen in den Konferenzen heißt es u. a.: Ange-
sichts der gegebenen Verhältnisse konnten die Regierungen nicht umhin, auch
die Grundsätze ins Auge zu fassen, daß die rechtzeitige parlamentarische
Erledigung des Ausgleichs auf Schwierigkeiten stößt. Es ist gelungen, eine
Uebereinstimmung in den Ansichten der beiden Teile über jene Grundsätze
herzustellen, nach denen dann vorzugehen wäre. Für alle Fälle find die
Regierungen gerüstet.
31. August. (Galizien.) In dem Prozesse gegen 81 wegen
antisemitischer Ausschreitungen Angeklagte wurden 53 vom Kreis-
gericht zu Gefängnisstrafen von sieben Tagen bis zu einem Jahre
verurteilt und 28 Angeklagte freigesprochen.
10. September. Ermordung der Kaiserin Elisabeth.
S. Schweiz.
Mitte September. Anläßlich der Ermordung der Kaiserin
durch einen Italiener finden Verfolgungen italienischer Arbeiter
statt, z. B. in Böhmen und bei Triest.
13. September. (Steiermark.) Bei der Wiederwahl des
aufgelösten Grazer Gemeinderats (S. 217, 218) siegen die Deutsch-
Nationalen in der 3. Wahlabteilung. Auch in den beiden anderen
Europäischer Geschichtskalender. Bd. XXXIX. 15