Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierzehnter Jahrgang. 1898. (39)

244 Spanien. (Mai 3. -11.) 
Parlament nicht erwidern, wenn es das Ansehen und die Achtung, die es 
überall in der Welt genieße, bewahren wolle. Man greife Spanien nicht 
unbestraft an und werde bald sehen, daß die spanische Flagge an keinem 
Punkte des spanischen Gebietes beleidigt werden könne. Der Ministerpräsi- 
dent Sagasta erklärt in Erwiderung auf eine Anfrage von Romero Rob- 
ledo, es bestehe keine Krise. Die Regierung sei niemals einiger gewesen 
als jetzt, und werde dies auch weiter sein zur Wahrung der großen Inter- 
essen des Vaterlandes. Die Regierung (fährt Sagasta fort) habe nicht an 
die Suspension konstitutioneller Garantien gedacht, wenn eine solche aber 
notwendig werden sollte, würde sie diese, ohne zu zögern, zur Ausführung 
bringen. Die Regierung denke auch nicht an eine Beschränkung der Tagung 
des Parlaments. Die Regierung habe alles gethan, um den Krieg zu ver- 
meiden, aber die unerhörten Beschimpfungen, welche gegen Spanien ge- 
schleudert worden sind, und die Drohungen der Vereinigten Staaten haben 
den Krieg unvermeidlich gemacht, und Spanien geht in den Krieg voll 
Vertrauen auf seine eigene Kraft! 
Sodann legt der Finanzminister das Budget vor. Es find danach 
die Ausgaben mit 865000000 Pesetas, die Einnahmen mit 866000000 
Pesetas veranschlagt. Das außerordentliche Budget soll auf zwei Jahre 
verlängert und die darin geforderten Flottenbewilligungen auf 90 000000 
Pesetas gebracht werden. Ferner beantragt der Minister die Ausgabe von 
100000 000 Pesetas Schatzbons unter der Garantie der Gruben von Al- 
maden. Zur Bestreitung der Kriegsausgaben wird ein besonderer, sechs ver- 
schiedene Maßnahmen umfassender Gesetzentwurf eingebracht: 1. Ausgabe 
von Staatsrententitres oder Staatsobligationen unter Verbürgung durch 
die allgemeinen Hilfsquellen des Staates; 2. Befugnis zur Vermehrung der 
Ausgabe von Banknoten; 3. Abschluß von Vorschriften mit den Steuer- 
pachtgesellschaften des Staates; 4. Forderung der antizipierten Einzahlung 
einer Jahresrate der Grund= und Industriesteuer; 5. Ausgabe von Schatz- 
obligationen bis zum Betrage, der der auswärtigen schwebenden Schuld 
gleichkommt, und 6. Umwandlung der Titres der auswärtigen Schuld in 
solche der inneren. 
Anf. Mai. Eindruck der Seeschlacht bei Cavite. Unruhen. 
Die Niederlage bei Cavite wird zuerst für einen Sieg ausgegeben; 
der Kriegsminister meldet sie den Cortes „mit Freudenthränen in den 
Augen“, „als einen Ruhmestag der spanischen Flotte" (val. K. Peters 
„Disch. Wochenbl.“ Nr. 29). — Nach dem Bekanntwerden des Verlustes 
der Flotte greift allgemeine Niedergeschlagenheit Platz. — Zugleich kommt 
es infolge der wirtschaftlichen Notlage zu vielen Tumulten. Die Repu- 
blikaner und Karlisten drohen mit einer Schilderhebung. 
3. Mai. Verhängung des Belagerungszustandes über Madrid. 
8. Mai. (Linares.) Aufruhr, der mit Gewalt unterdrückt 
werden muß. 12 Personen werden getötet, viele verwundet. 
11. Mai. (Kammer.) Debatte über die Autonomie Kubas. 
Sagasta über den Krieg und die politische Lage. 
Die Kammer genehmigt gegen die Stimmen der Karlisten die In- 
demnität für die Erteilung der Autonomie an die Insel Kuba. Minister- 
präsident Sagasta erklärt: Es sei wunderbar, daß Spanien nach so großem 
Unglück noch die Thatkraft und die Mittel habe, in dem Kriege gegen eine 
mächtige Nation auszuharren. Er bezeichne die Politik der Vereinigten 
Staaten als eine perfide und niedrige, die darauf berechnet sei, mit Hilfe
	        
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