Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierzehnter Jahrgang. 1898. (39)

Spanien. (Mai 16./18. Juni.) 245 
der Führer der Aufständischen, Gomez und Garcia, sich Kubas zu bemäch- 
tigen. Die Autonomie Kubas habe den Krieg nicht hervorgerufen, aber sie 
habe seinen Ausbruch beschleunigt. Wenn Spanien nicht die Wunden ver- 
narben lassen müßte, welche Bürgerkriege und Kolonialfeldzüge ihm ge- 
schlagen, so würde es Bundesgenossen haben finden können. Die Regierung 
habe alles gethan, um den Krieg zu vermeiden, für den sie nicht verant- 
wortlich sei, aber sie sei verpflichtet gewesen, ihn anzunehmen, um das Recht 
zu verteidigen. Sagasta führt ferner aus, der Krieg habe den Plan der 
Regierung zu nichte gemacht, der in erster Linie darin bestanden habe, die 
Souveränetät und Integrität des Landes zu verteidigen; er könne nicht 
sagen, was nunmehr der zweite Teil des Regierungsprogramms sein werde. 
16./118. Mai. Ministerkrifis. 
Das Kabinett tritt zurück und wird folgendermaßen neu gebildet: 
Sagasta Präsidium, Herzog von Almodovar auswärtige Angelegenheiten, 
Groizard Justiz, Correa Krieg, Aunon Marine, Puigcerver Finanzen, 
Capdebon Inneres, Gamazo öffentliche Arbeiten und Unterricht, Romero 
Giron Kolonien. 
Juni. Eindruck der Nachrichten vom Kriegsschauplatze. Un- 
ruhen. Wirtschaftliche Notlage. 
Nachdem die Nachricht vom Untergang des „Merrimac“ einen 
Augenblick die Hoffnung auf einen Erfolg belebt hatte, kommt allmählich 
die Ueberzeugung, daß die spanische Flotte in Santiago blockiert und 
außerordentlich gefährdet sei, zum Durchbruch. Die ungünstigen Nachrichten 
aus Manila über den allgemeinen Aufstand drücken die Stimmung noch 
mehr nieder. 
Anfang Juni wird folgende Depesche Augustins vom 3. Juni ver- 
öffentlicht: „Die Lage ist sehr ernst. Aguinaldo ist es gelungen, das Land 
an einem bestimmten Tage zum Aufstande zu bringen. Da die Eisenbahn- 
und die Telegraphenlinien abgeschnitten sind, bin ich mit allen Provinzen 
außer Verbindung. Die Einwohner der Provinz Cavite haben sich in 
Masse erhoben. Städte und Dörfer werden beschossen und von zahlreichen 
bewaffneten Banden besetzt. Eine Truppen-Abteilung verteidigt die Linie 
von Zäpote, um das Eindringen des Feindes in die Provinz Manila zu 
verhindern; da der Feind aber auch über Bulacan, Laguna und Moron 
vordringt, wird die Hauptstadt von der See= und Landseite her ein- 
geschlossen und angegriffen werden. Ich suche den Geist der Bevölkerung 
zu heben und werde alle Mittel des Widerstandes erschöpfen, mißtraue 
aber den Eingeborenen und den Freiwilligen, denn zahlreiche Fälle von 
Fahnenflucht sind bereits vorgekommen. Bacolor und Imus sind schon in 
der Gewalt des Feindes. Der Aufstand ist mächtig und wenn ich nicht 
mit der Unterstützung des Landes rechnen kann, werden die zu meiner 
Verfügung stehenden Streitkräfte nicht genügen, zwei Feinden die Stirn 
zu bieten.“ 
Die Regierung wird aufs heftigste in der Presse angegriffen; die 
Minister, die die Lage verschuldet hätten, sollten zur Verantwortung ge- 
zogen werden. Auch in der Kammer wird die Regierung angegriffen 
(9. Juni), weil sie unfähig sei, die Dinge zu leiten. Sagasta erwidert, 
die Regierung sei weder für die Ereignisse auf den Philippinen, noch für 
den von Cervera eingeschlagenen Weg verantwortlich; die Regierung habe 
Schritte gethan, die er nicht mitteilen könne, weil es nicht patriotisch 
sein würde. 
Die allgemeine Unzufriedenheit mit der Regierung steigt infolge der
	        
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