Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierzehnter Jahrgang. 1898. (39)

250 Greßbritannien. (Januar 17. - 19.) 
17./19. Janugr. (London.) Die streikenden Maschinen- 
arbeiter ziehen die Forderung des Achtstundentags zurück (17. Jan.). 
— Der Verein der Arbeitgeber erwidert, daß alle Werkstätten am 
24. d. M. wieder geöffnet werden würden, vorausgesetzt, daß die 
verbündeten Trade-Unions die Bedingungen in betreff der Hand- 
habung des Werkstättenbetriebes annehmen (19. Jan.). 
18. Januar. (Liverpool.) Chamberlain über die Erweite- 
rung des englischen Gebietes. Zuckerprämien. 
Bei einem Festmahl der Handelskammer sagt der Kolonialminister 
Joseph Chamberlain: Wenn es möglich wäre, würde es sehr erwünscht 
sein, daß die fortdauernde Erwerbung großen Landgebietes zu einem Ende 
käme. Großbritannien habe genug Land und genug barbarisches Volk zu 
regieren; wenn es aber seinen Handel bewahren und heben wolle, so müsse 
es den anderen Mächten folgen und acht haben, daß es nicht ausgeschlossen 
werde. Die Politik der Regierung sei nicht die Erwerbung neuen Land- 
gebiets, sondern die Aufrechterhaltung freier Märkte, selbst wo dies die 
Erwerbung neuen Gebietes involviere, sowie die Einnahme einer sehr festen 
Haltung gegenüber jedem Versuche, der gemacht werden sollte, Groß- 
britannien des Gebiets, das es bereits besitze, zu berauben. „Wenn wir 
unseren Besitz festhalten wollen, so müssen wir uns auf unsere eigene Stärke 
und unsere eigenen Rüstungen verlassen und nicht auf die Gunst jener, 
welche wir vergeblich zu unseren Freunden zu machen gesucht haben. Ich 
empfehle damit keine Politik des Angriffs oder der Gesetzlosigkeit, aber ich 
behaupte, wir haben eine dreifache Pflicht: erstens festzuhalten, was uns 
rechtmäßig gehört, zweitens für unsere Nachkommen „Claims“ abzustecken 
und drittens für den Fall, daß irgendwer versuchen sollte, diese „Claims“ 
wegzunehmen, ihn in aller Güte daran zu hindern. Wir müssen uns enger 
an unsere Kolonien anschließen und bei ihnen die Stärke und die Stütze 
zu erlangen suchen, welche wir nie bei fremden Nationen finden werden.“ 
Die Kolonien seien alle in gedeihlicher Entwickelung, mit Ausnahme West- 
indiens, das durch die Zuckerprämien ruiniert werde. Großbritannien habe 
vor einiger Zeit beschlossen, die Mächte zu einer Konferenz behufs Beratung 
über die Frage der Abschaffung der Zuckerprämien einzuladen, doch sei ihm 
Belgien zuvorgekommen. Möge nun die Konferenz ein Erfolg oder Miß- 
erfolg werden, — der Schatzkanzler werde inzwischen vom Parlament eine 
sehr bedeutende Summe zur Unterstützung für Westindien verlangen, eine 
Summe, die groß genug sei, um den dortigen Betrieben und der Bevöl- 
kerung das Ueberstehen der Krifis zu ermöglichen. 
Januar. Differenzen mit Rußland über China. (Ugl. 
8. Februar.). 
Nach Preßberichten bittet China England um finanzielle Unter- 
stützung zur Abtragung der japanischen Kriegsschuld. England fordert für 
die Unterstützung die Eröffnung von Talienwan und Nanking als Vertrags- 
häfen. Rußland und Frankreich widersprechen. 
Die englische Presse ist höchst erregt und bringt heftige Artikel gegen 
Rußland. So schreibt der „Standard“: „Rußland und Großbritannien 
sind jetzt auf einem Punkte angelangt, wo der eine oder der andere nach- 
geben muß. Es sollte nicht Großbritannien sein. Wenn unser Auswärtiges 
Amt dem Geschäftsträger des Zaren erlaubt, den Tsungli-Yamen zu zwingen, 
unsere Bedingungen zu verwerfen, so ist es mit unserem Einfluß am Pekinger
	        
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