252 Grofbritamien. (Februar 8.)
Indiens im letzten Sommer habe die Regierung gezwungen, Expeditionen
zur Bestrafung der Stämme auszusenden. Der Mut und die Ausdauer der
britischen und der eingeborenen Truppen hätten die fast unüberwindlichen
Schwierigkeiten, welche jener Teil des Landes darbiete, befiegt, jedoch sei
der Verlust vieler kostbaren Menschenleben zu beklagen. Die Wieder-
zunahme der Pest im westlichen Indien verursache Besorgnisse, aber die
Regierung mache alle Anstrengungen, um die Ausbreitung der Seuche zu
begrenzen und deren Wirkungen zu mildern. Die Hungersnot in Indien
habe, mit Ausnahme einiger kleinen Bezirke von Madras, ausfgehört. An-
gesichts der enormen, von anderen Nationen unterhaltenen Rüstungen werde
die Pflicht der Verteidigung des Reichs Ausgaben mit sich bringen, die
über frühere Aufwendungen hinausgingen. Es würden demgemäß Anträge
zur Vermehrung der Stärke und Leistungsfähigkeit der Armee und zur Ver-
besserung der Verhältnisse des militärischen Dienstes eingebracht werden,
desgleichen würden Maßregeln zur Einführung einer lokalen Regierung in
Irland, ähnlich derjenigen, welche in England bestehe, sowie endlich An-
träge auf Einführung von Gemeindevertretungen in der Grafschaft London
unterbreitet werden.
8. Februar. (Oberhaus.) Lord Salisbury über das Ver-
hältnis zu Rußland und China. (Vgl. S. 250.)
In der Adreßdebatte erklärt der Premierminister Lord Salisbury,
es werde vielfach angenommen, daß britische Vertragsrechte in China beie
Seite gesetzt werden dürften und daß die durch den Vertrag von Tientfin
erreichte verhältnismäßige Verkehrsfreiheit durch eine Aktion anderer
europäischer Mächte zerstört werden könnte. Es sei mit Recht gegen eine
solche Idee protestiert worden; er sage nicht, daß irgend eine europäische
Macht eine derartige Idee gehegt habe; aber die Regierung habe nicht nur
keine Vertragsrechte aufgegeben, sondern auch nicht die Absicht, solche auf-
zugeben. Es gebe nichts, was Großbritannien nicht eher thun würde, als
die Zerstörung dieser Rechte zu gestatten; aber niemand habe die geringste
Absicht, die Rechte Großbritanniens zu zerstören oder zu verletzen. China,
nicht Großbritannien, habe eine Anleihe proponiert; aber Großbritannien
habe seine Bereitwilligkeit angedeutet, einen Vorschuß unter billigen Be-
dingungen zu gewähren, unter der Voraussetzung gewisser Konzessionen als
Ersatz. Sämtliche Konzessionen hätten die Vermehrung und Freimachung
des chinesischen Handels bezweckt. Betreffs der Legende bezüglich Talienwans
sei der Vorgang folgender: Talienwan sei von Macdonald mit Genehmigung
Großbritanniens mit anderen Vertragshäfen am 16. Januar dem chinesischen
Rat gegenüber erwähnt worden. Tags darauf habe der chinefische Rat die
britische Regierung benachrichtigt, daß die Oeffnung Talienwans als Ver-
tragshafen aus sehr vielen Gründen, auf die näher einzugehen nicht nötig
sei, ihm große Verlegenheit bereiten würde; man möge auf dem Vorschlage
nicht bestehen. Am 17. Januar habe er (Lord Salisbury) vorgeschlagen,
die Eröffnung von Talienwan bis zu der Zeit zu verschieben, wo die Eisen-
bahn Talienwan erreicht haben werde. Wenige Tage später sei dies Kom-
promiß als Bedingung der Anleihe angenommen worden. Die Regierung
habe jüngst von Rußland eine schriftliche Versicherung erhalten, daß jeder
Hafen, den es als Ausgang für den Handel zu benützen die Erlaubnis
erhalte, ein Freihafen für Großbritanniens Handel sein solle. Ein Frei-
hafen sei wohl auch besser als ein Vertragshafen. Eine ähnliche Versiche-
rung habe auch die deutsche Regierung betreffs des jüngst von Deutschland
besetzten Gebiets gegeben. Die Unterhandlungen über die Anleihe mit
China schwebten noch.