Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierzehnter Jahrgang. 1898. (39)

Großbritemien. (Mitte März— April 5.) 255 
festgestellt. Hoffentlich indes werde das Haus nicht auf Mitteilung der 
genauen Bauart der Schiffe dringen, er werde erst später in der Tagung 
die Einzelheiten der Schlachtschiffe und der Kreuzer mitteilen, damit das 
Ausland jetzt Englands Pläne nicht erfahre. Die Kreuzer würden den 
besonderen Verhältnissen angepaßt sein, die im vergangenen und in diesem 
Jahre sich in den verschiedenen Weltteilen gezeigt haben. 
Mitte März. Es gehen Gerüchte durch die Presse, daß Eng- 
land in dem bevorstehenden spanisch-amerikanischen Kriege zu gunsten 
Nord-Amerikas eingreifen wolle. 
3. März. In den Londoner Grafschaftswahlen siegen die 
Liberalen. 
1. April. (Südwales.) Die Kohlenarbeiter legen die Arbeit 
nieder, da ihnen eine Lohnerhöhung um 20 Prozent verweigert 
wird. Nach wenigen Tagen feiern an 100000 Mann. 
Anf. April. Es wird bestätigt, daß China an England 
Wei-Hai-Wei verpachtet hat. 
5. April. (Unterhaus.) Balfour über die Lage in Ost- 
Afien. Erfolge Englands. Gutes Verhältnis zu Deutschland. Die 
russische Politik. (Vgl. S. 104 und Asien.) 
Der erste Lord des Schatzes Balfour bespricht die Konzessionen 
Chinas zur Oeffnung seines Gebietes für den Welthandel und geht dann 
auf politische Fragen über. China habe sich verpflichtet, daß das Gebiet 
des Jang-tse-Kiang unter keinen Umständen entäußert oder irgend einer 
fremden Macht verpachtet werden solle. Er wünsche nicht, die Frage der 
Einflußsphäre zu erörtern. Es würde ihm zuwider sein, die Doktrin der 
Einflußsphären zu weit getrieben zu sehen, aber als vorbeugende Maß- 
nahme, welche eine zeitweise oder dauernde Entfremdung des Jang-tse-Kiang- 
Gebietes unmöglich mache, könne sie von Bedeutung sein bei Eintritt ge- 
wisser möglicher, wenn auch wahrscheinlich jetzt nicht nahe liegender Ver- 
hältnisse. Eine weitere Konzession sei, daß Harts Nachfolger im Zoll- 
Departement ein Engländer sein solle. Hart habe, was hoffentlich so 
bleiben werde, eine chinesische und nicht eine britische Verwaltungsabteilung 
geschaffen, die keinerlei selbstsüchtige nationale Züge aufweise. Er glaube, 
der dritte Teil der ihm unterstellten Beamten seien Franzosen, obwohl der 
französische Handel nicht ein Drittel des Handels mit China ausmache. 
Das Zugeständnis, durch welches den Schiffen aller Nationen Zugang zu 
allen großen Wasserwegen gewährt werde, müsse einen ungeheuren Einfluß 
auf die Erschließung Chinas für den fremden Handel ausüben. Die Er- 
bauung entsprechender Eisenbahnlinien sei das Werk längerer Zeit, aber 
die Wasserwege seien fertig vorhanden. Eine weitere Konzession sei die 
Eröffnung der drei schon bekannten Vertragshäfen. Mit Bezug auf die 
Stellung, in welcher England sich gegenüber den deutschen und russischen 
Erwerbungen befinde, sagt Balfour, er glaube, daß weder Rußland noch 
Deutschland die leiseste Absicht hätten, Großbritannien seiner vertrags- 
mäßigen Rechte zu berauben. Deutschlands Versicherungen seien sowohl 
dem Tone als dem Geiste nach vollständig befriedigende. Deutschland be- 
absichtige, sich in seinem Besitzteil in China übereinstimmend mit den 
Interessen aller Nationen einzurichten. Sicherlich seien deutsche und
	        
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