Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierzehnter Jahrgang. 1898. (39)

260 Greßbritannien. (Mai 17.) 
Abschluß dieser Allianz bevorstehen, so könne kein Schritt denselben leichter 
vereiteln, als Chamberlains Rede. 
Premier-Minister Lord Salisbury: Der Earl of Kimberley habe 
der Regierung mitgeteilt, daß er in betreff der Absichten, welche die Re- 
gierung in Bezug auf Wei-Hai-Wei hege, eine Anfrage stellen werde. Es 
sei aber unmöglich für ihn (Lord Salisbury) gewesen, seine Absicht, wegen 
der Rede Chamberlains anzufragen, vorauszusehen. Er fühle sich nicht 
verpflichtet, auf eine Diskussion über diese Rede einzugehen, ohne daß er 
den Text derselben in seinen Händen habe. Der größere Teil der Rede 
Lord Kimberleys wende sich gegen die Interpretation, welche man den ver- 
schiedenen Aeußerungen Chamberlains gebe. Er könne nicht ohne ent- 
sprechende Gelegenheit zur Prüfung der Behauptungen Lord Kimberleys in 
eine Diskussion mit ihm über diese Angelegenheit eintreten. Er wolle nur 
bei einer Sache verweilen, über die Lord Kimberley gesprochen habe und 
auf die auch von Chamberlain angespielt worden sei, nämlich bei der Wir- 
kung der Haltung der vorigen Regierung am Ende des chinefisch-japanischen 
Krieges. Er stimme mit dem Grundsatz Lord Kimberleys überein, daß es 
nicht wünschenswert für Großbritannien sei, die Hand dazu zu bieten, daß 
man den Sieger der Früchte seines Sieges beraube, um so mehr, da es im 
größten Gegensatz zur britischen Politik stehe, irgend etwas zu thun, was 
auf die aufstrebende Macht Japan, mit dem Großbritannien so viele Gründe 
zum Zusammenwirken und zur Sympathie verbänden, entfremdend wirken 
könne. Wenn er die Politik der vorigen Regierung zu kritifieren hätte, 
würde er an der Klugheit Großbritanniens zweifeln, das dabeigestanden 
und zugesehen habe, wie Rußland und seine Verbündeten Japan aus der 
gtotung Pahinsel vertrieben hätten, ohne einige Sicherheit dafür zu 
haben, daß Rußland dies ohne die Absicht zukünftiger Unternehmungen 
gethan habe. Seiner Meinung nach hätte man damals von allen Teilen, 
die an dem Arrangement beteiligt waren, erreichen müssen, daß sie die Ver- 
pflichtung eingingen, China in Zukunft nicht das Landgebiet zu entziehen, 
welches sie ihm damals erhalten hätten; daran würde sich auch Japan be- 
teiligt haben. Dies sei der einzige Punkt der von Lord Kimberley an 
Chamberlains Rede geübten Kritik, welchen er zu prüfen wage; denn es sei 
augenscheinlich leicht, aus einzelnen Sätzen ganz allgemeine Schlüsse zu 
ziehen, unmöglich aber, ohne sorgfältiges Studium des solchen einzelnen 
Sätzen Voran= und Nachstehenden zu sagen, daß eine solche Kritik gerecht 
sei. Er meine, Lord Kimberley sei bei der Besprechung der von Chamber- 
lain und von ihm (Lord Salisbury) gebrauchten Redewendungen etwas zu 
kritisch gewesen. Er (Lord Salisbury) habe von China gesagt, daß es 
aufrecht stehe, Chamberlain habe von China in Ausdrücken gesprochen, 
welche den Schluß zuließen, daß es darniederliege. Beide Ansichten seien 
anwendbar, was den Widerstand Chinas gegen die Mächte anbetreffe. 
China habe nicht die Kraft gehabt, sich gegen die Macht Rußlands auf- 
zulehnen; wenn man aber weiter und in die Zukunft blicke, so glaube er, 
daß von 400 Millionen Menschen niemand behaupten könne, daß ihre 
Kraft für immer gebrochen sei. China habe eine Regierung, von deren 
Verdiensten er nicht sehr begeistert sprechen wolle, aber es habe noch eine 
Regierung, die einen enormen Handel möglich mache. Chinas außerordent- 
lich große Bevölkerung sei in einem Gefühle einig, nämlich in dem Hasse 
gegen fremde Herrschaft. China fehle es an Mut, und einer seiner Ver- 
teidigungsgründe für die Besetzung Wei-Hai-Weis sei, daß sie China gegen 
Verzweiflung stärken und ihm den Mut geben solle, seinen Feinden 
Widerstand zu leisten, wenn die Gelegenheit sich biete. Als Großbritannien 
die Besetzung von Port Arthur ohne eine entsprechende Bewegung seiner-
	        
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