Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierzehnter Jahrgang. 1898. (39)

266 Ersftritannien. (November.) 
Landgrenzen hatten, wo ihre Feinde einfallen und ihre Hauptstadt zerstören 
konnten. Wir haben keine solchen Landgrenzen. Wenn wir aber unsere 
Rüstung zur See so weit hinabsinken lassen, daß es fast ebenso leicht ist, 
die See zu überschreiten, wie eine Landgrenze, so wird unser gewaltiges 
Reich in Stücke gehen, wenn ein Schlag gegen Englands Hauptstadt aus- 
geführt wird. Unser ganzes Dasein hängt davon ab, daß wir unsere Ge- 
stade verteidigen können, und dieses kann nur geschehen, wenn wir jeden 
gäsrahn eine Seemacht vereinigen können, welcher es kein Gegner gleich- 
un kann. 
November. (London.) Beratungen zur Gründung eines 
Verbandes von Arbeitgebern. 
Vertreter folgender Gewerbe nehmen teil: Schiffsrheder, Ingenieure, 
Schiffbauer, Baumwollfabrikannten, Baumwollspinner, Bleicher, Färber, 
Möbelfabrikanten, Landwirtschaft, Kohlen= und Eisenindustrie, Steinbrüche, 
Bauindustrie, Docks, Werften, Lagerhäuser, Kornspeicher, Stiefel= und 
Schuhfabrikanten, Bürstenbinder, Bäckermeister, Konditoren, Klempnermeister, 
Silberschmiede, Druckereien und verwandte Geschäftszweige, Schneider, 
Leichterschiffer, Barkenbesitzer, Fuhrherren, Schieferhändler, Schieferdecker, 
Juweliere, Eisen= und Gelbgießer, Malermeister und andere Gewerbe. Es 
wird beschlossen, einen parlamentarischen Ausschuß von Arbeitgebern ein- 
zusetzen. Dieser soll über Bills, die in den beiden Häusern des Parlaments 
eingebracht werden, beraten und ihnen gegenüber Stellung nehmen, soweit 
|6. d Interessen des Handels, des freien Vertrages und der freien Arbeit 
etreffen. 
Ende November. Dezember. Chamberlain über das Ver- 
hältnis zu Amerika und Deutschland. 
Der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain veröffentlicht 
in „Scribners Magazine“ einen Aufsatz über die Beziehungen zwischen 
England und den vereinigten Staaten; es heißt darin: Es ist vifionär, von 
einer schließlichen Allianz zu reden oder zu glauben, daß der Traum einer 
Liga aller englisch redenden Völker plötzlich in den Bereich nüchterner und 
praktischer Staatskunst gekommen ist. So weit es das vereinigte Königreich 
betrifft, mag es als Thatsache gelten, daß die britische Nation jede An- 
näherung an dieses Ziel mit Freuden begrüßen würde; daß sie bereit ist, 
fast jede Strecke zu gehen, wenn die Amerikaner dahingehende Eröffnungen 
machen; daß sie nicht vor einer Allianz „contra mundum“ zurückschrecken 
würde, sollte die Not es gebieten, in Verteidigurg der Ideale der angel- 
sächsischen Rasse, der Menschlichkeit, der Gerechtigkeit, der Freiheit und 
Gleichheit der Gelegenheiten. Man darf jedoch nicht annehmen, daß Eng- 
land, wenn es eine Allianz als nützlich und willkommen begrüßt, eine 
dauernde Allianz gegen irgend einen Teil der übrigen Welt als wünschens- 
wert oder durchführbar erachtet. Es ist unsere richtige Politik, uns von 
jeder dauernden Allianz fernzuhalten. Es ist unweise, uns mittels künst- 
licher Bande in die Wechselfälle der europäischen Politik oder die gewöhn- 
lichen Kombinationen und Kollisionen zu verwickeln. „Mutatis mutandis“ 
gilt der Rat ebenso gut für die Vereinigten Staaten, wie für England. 
Der sanguinistische Advokat einer Allianz zwischen den Vereinigten Staaten 
und Großbritannien kann deshalb nur eines wünschen, nämlich, daß sich 
beide Länder in engem Zusammenhang halten und, wenn ihre Interessen 
identisch sind, auch für deren Verteidigung eintreten. 
Am 8. Dezember sagt er zu Wakefield über das Abkommen zwischen 
England und Deutschland: Wir sind bereit, unsere eigenen Besitzungen und
	        
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