Fra#eich. (Januar 13.) 269
General Mercier der Mitschuld hierbei an. Ich klage Billot an, die Be-
weise der Unschuld des Dreyfus unterdrückt und Boisdeffre und Gonse,
hierbei mitgewirkt zu haben. Ich klage Pellieux und Ravary einer ver-
brecherischen Untersuchung an. Ich klage das erste Kriegsgericht an, Drey-
fus auf ein geheim gehaltenes Dokument verurteilt und ich klage das zweite
Kriegsgericht an, wissentlich einen Schuldigen freigesprochen zu haben.
Man möge mich vor die Geschworenen stellen, und eine offene Untersuchung
einleiten.
Weiter heißt es in dem Schreiben: Sie, Herr Präsident, haben
sich durch die Thatsache, daß das russische Bündnis verherrlicht wurde,
erhöht, Sie haben sich einen glänzenden Triumph durch die Weltausstellung,
dieses Fest der Freiheit und der Arbeit, vorbereitet. Aber welch ein Flecken
für Ihren Ruhm — ich hätte beinahe gesagt für Ihre Herrschaft — ist
nicht diese abscheuliche Dreyfusangelegenheit! Ein Kriegsgericht hat auf
Befehl einen Esterhazy freigesprochen; es ist dies eine Ohrfeige der schlimm-
sten Art für Recht und Wahrheit. Da man das gewagt hat, wage auch
ich mich hervor. Ja, ich werde die Wahrheit sagen. Ich will kein Mit-
schuldiger sein, und an Sie, Herr Präsident, will ich die Wahrheit schreiben.
Zuerst über den Prozeß und die Verurteilung Dreyfus'. Ein Unheilsmensch
hat die ganze Angelegenheit geführt. Alles ist durch den Obersten, damals
Major du Paty de Clam, veranstaltet worden. Man wird den Fall Drey-
fus erst dann kennen, wenn eine eingehende Untersuchung genau festgestellt
hat, was dieser Offizier gethan hat, und wofür er verantwortlich ist..
Der Kriegsminister, General Mercier, ein Mann von mittelmäßiger Be-
gabung, General de Boisdeffre, dessen klerikale Leidenschaften bekannt find,
der Unterchef des Generalstabes, General Gonse, dessen Gewissen für vieles
der Verzeihung bedarf, sie alle wurden von du Paty geführt, der sie hyp-
notisiert hat, und der sich mit Spiritismus und Hypnotismus abgibt und
auch mit den Geistern in Verkehr steht. Man wird niemals die Versuche
begreifen, die du Paty an Dreyfus angestellt, und die Nachstellungen, denen
er ihn unterworfen hat. Die Untersuchung geschah so, wie man es bei
den Chronisten des 15. Jahrhunderts lesen kann, in vollem Dunkel, mit
einer erschrecklichen Zusammenstellung von Hilfsmittelchen, auf der Grund-
lage des Bordereaus, das eine kindische Belastung war, das keinen Verrat
ergibt, sondern eine unverschämte Fälschung. Ich möchte den Finger dar-
auf legen, wie der Justizirrtum möglich, wie Mercier, Boisdeffre und Gonse
sich gewinnen lassen konnten, und ihre Verantwortung mehr und mehr an
diesen Justizirrtum hefteten. Anfangs war es bei ihnen nur Mangel an
Urteil, nach und nach jedoch überwogen die religiösen Leidenschaften und
die Vorurteile des Korpsgeistes, und diese Männer ließen alles geschehen
Die einfache Wahrheit, Herr Präsident, ist die, daß dieser Justizirrtum für
Ihre Präsidentschaft ein Schandfleck ist. Sie haben zwar keine Verant-
wortlichkeit, da Sie Gefangener der Verfassung und Ihrer Umgebung find,
aber Sie haben Pflichten als Mensch und Sie werden sie auch erfüllen.
Ich verzweifle nicht an dem schließlichen Triumph der Wahrheit, ich
wiederhole, die Wahrheit ist auf dem Anmarsch, und nichts wird sie auf-
halten. Heute erst beginnt die Sache. Wenn man die Wahrheit unter die
Erde begräbt, so gewinnt sie dort eine große Explosionskraft, und an dem
Tage, wo sie auebricht, sprengt fie alles mit sich in die Luft. Wenn man
heute der Wahrheit ihre Rechte nicht einräumt, so kann man sich auf eine
Katastrophe gefaßt machen.
13. Januar. Die Kammer spricht nach einer Besprechung
des Prozesses Esterhazy und des offenen Briefes von Zola der