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18. Juli. (Versailles.) Verurteilung Zolas.
Zola wird vom Schwurgericht wegen Beleidigung des Kriegsgerichts
zu einem Jahr Gefängnis und 3000 Fr. Geldstrafe verurteilt. Das Ver-
dikt wird in Abwesenheit Zolas und seines Verteidigers Labori verkündigt;
letzterer hat bereits Berufung bei dem Kassationshofe in Aussicht gestellt. —
Zola wird bis zum Abschluß des Prozesses von der Mitgliederliste der
Ehrenlegion gestrichen. Infolgedessen legen auch andere Schriftsteller die
Mitgliedschaft freiwillig nieder. Zola verläßt Frankreich, bevor das
Urteil rechtskräftig wird (Ende Juli).
25. Juli. (Paris.) Picquart denunziert den Major Paty
de Clam wegen Fälschung. Er und Esterhazy sollen die Briefe,
auf Grund deren Dreyfus verurteilt worden ist, gefälscht haben.
10. August. (Paris.) Der Appellhof erhöht die Gefängnis-
strafe Zolas in dem Prozeß wegen Beleidigung der Schreibsach-
verständigen (s. 9. Juli) auf einen Monat und die Geldstrafe auf
je 10000 Francs.
26. August. (Paris.) Präßident Faure richtet folgendes
Telegramm an den Zaren:
Die vorjährige Anwesenheit des Kaisers und der Kaiserin von
Rußland an Bord des „Pothuan“ und die bei der Gelegenheit unter dem
Schatten unserer Flagge auf der Rhede von Kronstadt ausgetauschten
Erklärungen sind für uns zu teure Erinnerungen, als daß ich die Wieder-
kehr jenes Tages vorübergehen lassen könnte, ohne Euer Majestät von
neuem die Versicherung meiner lebhaftesten Dankbarkeit für den mir als
Präsident der französischen Republik bereiteten Empfang zu geben. Unsere
Gefühle find unverändert und ich bin heute wie damals der treue Dolmetsch
des französischen Volkes, wenn ich Euer Majestät den Ausdruck der heißen
Wünsche wiederhole, welche wir für ihr Glück und das der kaiserlichen
Familie, wie für die Größe Rußlands hegen.
Der Zar antwortet: Die Kaiserin und Ich sind lebhaft gerührt
über den Dank, welchen Sie gelegentlich der Wiederkehr des Tages unseres
Besuches an Bord des „Pothuau“ in Ihrem Namen und in dem des
französischen Volkes uns auszudrücken die Güte hatten. Es gewährte uns
eine besondere Freude, uns in Gedanken in jene historischen Augenblicke
zurückzuversetzen, deren Erinnerung niemals zu erlöschen vermag. Mir ist
es besonders angenehm, Ihnen bei dieser Gelegenheit den Ausdruck der
wärmsten und unwandelbaren Wünsche zu erneuern, welche wir nicht auf-
hören für Sie und das befreundete Frankreich zu hegen.
Ende August. Die Presse über den russischen Abrüstungs-
vorschlag.
„Gaulois“: Frankreich würde bei einer Abrüstung nicht das ge-
winnen, was Rußland und die anderen Mächte gewinnen würden, weil
das, was Frankreich jetzt fehle, ihm auch nach der Abrüstung wieder fehlen
würde. Allerdings würde es ebenso wie alle anderen Mächte den Vorteil
haben, daß es finanziell erleichtert würde. „Matin“: Die Sprache des
Abrüstungsvorschlages sei würdig des hochherzigen jugendlichen Herrschers.
Es scheint uns übrigens, daß unser Verbündeter nicht vergessen dürfte,
daß unsere Grenzen weniger unversehrt und unverletzbar find, als seine
eigenen, und daß er uns nicht in die Notwendigkeit versetzen sollte, der