Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierzehnter Jahrgang. 1898. (39)

282 krankreich. (September Anf.—27.) 
Anf. September. Esterhazy verläßt Paris. 
6. September. Der Präsident Felix Faure erhält von der 
Königin-Regentin von Spanien den Orden des Goldenen Vließes. 
(Feierliche Einkleidung am 7. November.) 
12. September. (Paris.) Oberstleutnant Paty de Clam 
wird in Nichtaktivität versetzt. 
17. September. (Paris.) Revifionsfrage. Kabinettskrifie. 
Der Ministerrat ermächtigte den Justizminister, im Hinblick auf die 
Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Dreyfus die im Justizministerium 
bestehende Kommission einzuberufen. — Der Kriegsminister Zurlinden und 
der Minister der öffentlichen Arbeiten, Tillayer, treten zurück, weil sie nicht 
an Dreyfus' Schuld zweifeln. — Kriegsminister wird General Chanoine. 
Arbeitsminister Godin. Zurlinden wird wieder Gouverneur von Paris. 
21. September. (Paris.) Prozeß Picquart. 
Der Oberst Piquart wird auf Befehl des Gouverneurs von Paris 
vor Gericht gestellt, weil er einen Brief des deutschen Militärattaches 
von Schwartzkoppen an Esterhazy, durch den dieser belastet wird, gefälscht 
haben soll. Zurlinden hatte als Kriegsminister vergeblich das Verfahren 
gegen Picquart verlangt und ordnet sie jetzt kraft seiner amtlichen Befugnis 
als Gouverneur an. — Picquart wird ins Militärgefängnis übergeführt. 
26. September. (Paris.) Der Ministerrat unter dem Vor- 
sitze Faures beschließt einstimmig die Revision des Dreyfusprozesses. 
27. September. (Paris.) Die Friedenskommissare der Ver- 
einigten Staaten und Spaniens kommen an. Sie beginnen ihre 
Sitzungen am 1. Oktober. 
September. Offentliche Teilnahme an der Dreyfusfrage. 
Seit der Verhaftung Henrys kommt die Diskussion der Dreyfus- 
frage wieder in Fluß. Viele Deputierte verlangen die Einberufung der 
Kammern, um das Urteil des Landes zu hören. Die Pariser Presse scheidet 
sich in zwei getrennte Lager, welche für und gegen Dreyfus Stimmung 
machen, die sogenannnten „Intellektuellen“ und die „Generalstabspresse“. 
Der „Gaulois"“ gibt darüber folgende Aufstellung. Danach traten von 
Anfang an für Dreyfus ein: „Aurore“, „Droits de l'Homme“, „France", 
„Fronde“, „Paix“, „Petite République", „Rappel“, „Siecle“, „XIX. Siecle“, 
„Sifflet". Diesen schlossen sich seit den letzten Ereignissen als revisions- 
freundlich an: „Courrier de Soir", „Figaro“", „Lanterne", „Liberté“, 
„Matin", „Petit Bleu“, „Petit Parisien“, „Radical“", „Soleil“, „Temps“, 
„Paris“. Gegen die Wiederaufnahme sind noch heute: „Le Journal de 
Paris", „Echo de Paris"“, „Eclair", „Evénement"“, „Gaulois“, „Gazette 
de France“, „Gil Blas“, „Intransigeant“", „Journal"“, „Jour", „Libre 
Parole", „Moniteur Universel“, „Patrie", „Petit Caporal", „Petit Jour- 
nal“, „Petit Moniteur", „Peuple Français“, „Presse“, „Psit", „République 
Francaise“, „Soir“, „Univers“", „Vérité“. Das „Journal des Débats“ 
und „L'Autorité“ sind unentschieden, da sie Aufsätze sowohl für als gegen 
Dreyfus gebracht haben. Die revisionsfeindlichen Blätter haben zusammen 
etwa 2 400 000, ihre Wettbewerber gegen 1 500 000 Abnehmer.
	        
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