Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierzehnter Jahrgang. 1898. (39)

286 Kra#nkreich. (Oktober 31.—November 4.) 
eine ergänzende Untersuchung einzuleiten ist. In betreff der vom 
Generalstaatsanwalt beantragten Suspension der Strafe beschließt 
der Kassationshof, daß hierüber eine Entscheidung gegenwärtig nicht 
zu treffen ist. 
31. Oktober. Neubildung des Ministeriums. 
Nachdem Faure mit mehreren Politikern vergeblich unterhandeli 
hat, wird das Ministerium folgendermaßen wiederhergestellt: Präsidium 
und Inneres Dupuy, Justiz Lebret, Krieg Freycinet, Marine Lockroy. 
Auswärtige Angelegenheiten Delcassé, Finanzen Peytral, Unterricht Leygues, 
Handel Delombre, Ackerbau Viger, Oeffentliche Arbeiten Krantz, Kolonieen 
Guillain. 
3. November. (Paris.) Der Chef des Generalstabes, Re- 
nouard, tritt zurück und wird durch General Brault ersetzt. 
4. November. (Kammer.) Ministerpräsident Dupuy legt 
das Programm der Regierung dar. 
Er sagt in der Erklärung: Wir sind uns der Schwierigkeit unserer 
Aufgabe bewußt; wir geben die Versicherung, daß wir der Tagesordnung 
vom 25. Oktober, in welcher die Suprematie der Zivilgewalt, welche die 
Grundlage des republikanischen Staates ist, festgestellt wurde, zustimmen, 
und daß wir Vertrauen haben zu dem Heere, welches treu und den Ge- 
setzen der Republik gehorsam ist. Wir werden nicht zulassen, daß die 
nationale Armee fernerhin gegen Beleidigungen kämpfen muß, wir stellen 
sie über jene Gemeinschaft, welche blinde Polemiken ihr aufzudrängen be- 
strebt sind, Polemiken, die sie nicht berühren. Ueber die auswärtige Politik 
heißt es: Frankreich darf nichts vernachlässigen, die Stellung zu bewahren. 
die ihm seine Loyalität, seine Stärke und seine Friedensliebe verschafft 
haben. Frankreich muß darauf hinarbeiten, diese Stellung, welche ein 
kostbares Bündnis vor den Augen der ganzen Welt befiegelt hat, zu 
kräftigen. Unsere auswärtige Politik wird sich durchaus von den wohl- 
verstandenen Interessen des Landes leiten lassen. Bedacht darauf, ihre 
Bemühungen dem Werte des Zieles anzupassen, und gestützt auf das 
Parlament, das über alle Vorgänge vollständig unterrichtet werden wird, 
wird unsere auswärtige Politik alle Fragen mit der Methode und mit 
der Würde behandeln, die die Kammer von unserer Politik zu erwarten 
berechtigt ist. Wir sind ein Kabinett der Einigung unter den Republikanern, 
wir sind entschlossen, uns auf die republikanische Majorität zu stützen. — 
In der sich daran anschließenden Debatte sagt Dupuy über die Dreyfus= 
frage: Was die Dreyfus-Angelegenheit betrifft, so stehen wir vor der 
Entscheidung der Justiz, und wir werden derselben Achtung verschaffen. 
Licht wird geschaffen werden. An dem Tage, wo die Justiz gesprochen 
haben wird, werden wir uns vor ihrem Spruche beugen. 
4. November. Frankreich gibt in der Faschodafrage (vgl. 
England) nach. 
Eine Note der „Agence Havas" sagt: Die Regierung hat beschlossen, 
die Mission Marchand in Faschoda nicht aufrecht zu erhalten. Dieser 
Beschluß ist vom Ministerrat nach eingehendster Prüfung der Frage ge- 
faßt worden. 
Die öffentliche Meinung ist aufs höchste erbittert gegen England. 
Das „Journal des Dôöbats“ schreibt: Es würde uns unendlich demütigen,
	        
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