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günstig aufzunehmen, indessen gleichzeitig der Wunsch ausgedrückt, daß vor
allem über diese Kandidatur die Uebereinstimmung sämtlicher Großmächte
festgestellt werden möge, da die italienische Politik bei all den schwierigen
Orientfragen stets unverändert die Uebereinstimmung der Großmächte als
die sichere Garantie des Friedens Europas unverändert zu bewahren wünschte.
Infolge einiger von uns unabhängiger Schwierigkeiten konnte diese Ueber-
einstimmung über die Kandidatur des Prinzen Georg noch nicht zu stande
kommen. Es ist noch keine andere Kandidatur an ihre Stelle getreten. Die
Mächte beharren, stets von dem gleichen Geiste der Versöhnlichkeit beseelt,
bei dem Ziele, das sie sich gesetzt haben. Da die Unterhandlungen noch
schweben, müssen wir uns große Reserve auferlegen, doch dauern die Ver-
handlungen fort mit dem Ziele, auf Kreta ein Regime einzusetzen, das
den Wünschen der Bevölkerung und den Absichten der Großmächte entspricht
und zugleich der Insel die Wohlthaten dauernder Ruhe sichert.
19. März. (Kammer.) Der parlamentarische Untersuchungs-
ausschuß, der zur Untersuchung der Amtsführung Crispis eingesetzt
ist, veröffentlicht seinen Bericht an die Kammer.
Der Bericht schließt: Angesichts des Umstandes, daß es kein Gesetz
über die ministerielle Verantwortlichkeit gebe, könnte man auch nicht von
einem Ministervergehen sprechen, wenn nicht alle Zeichen eines gemeinen
Vergehens zusammen kämen. Wie einleuchtend auch in dem vorliegenden
Falle die beigebrachten Beweise seien, so könnten sie doch nicht die Ueber-
zeugung rechtfertigen, daß Crispi — wenn er auch gewußt habe, daß die
ihm von Favilla, dem Direktor der Bank von Neapel, übergebenen Gelder
aus dieser Anstalt herrührten, davon Kenntnis gehabt habe, durch welche
verbrecherischen Mittel Favilla die genannten Summen erhoben habe. Sei
dieses aber ausgeschlossen oder nicht bewiesen, so folge daraus, daß ebenso
wie Crispi nicht schuldig erachtet werden könnte, an der Unterschlagung
Favillas beteiligt zu sein, es auch nicht am Platze sei, gegen Crispi vor
dem als höchsten Gerichtshof eingesetzten Senat Anklage zu erheben. Wenn
man auch nicht eine strafrechtliche Verantwortlichkeit Crispis behaupten
könne, so könne man doch seine politische Verantwortlichkeit nicht zurück-
weisen, weil er unrechtmäßigerweise von dem Direktor einer Emissions-
Anstalt Summen empfangen habe, von denen er einen Teil wahrscheinlich
zu Wahlzwecken verwendet habe und weil er sich ungerechtfertigt, besonders
in die Ausfsicht dieser Anstalt eingemischt habe. Infolgedessen beantrage
der Ausschuß einstimmig, auszusprechen, daß kein Grund vorliege, Crispi
vor den höchsten Gerichtshof oder vor ein anderes Gericht zu stellen; er
würde sich jedoch dafür aussprechen, daß sein Verhalten einen politischen
A;erweis verdiene.
23. März. Die Kammer genehmigt mit 207 gegen 7 Stim-
men den Bericht des Untersuchungsausschusses über Crispi, der
einen Tadel der Amtsführung Crispis als Minister enthält. —
Crispi legt am folgenden Tage sein Mandat nieder, um sich wieder
aufstellen zu lassen. — Er wird am 17. April in Palermo mit
großer Majorität wiedergewählt.
27. April. Die Kammer genehmigt den Gesetzentwurf, wo-
nach die Herabsetzung der Getreidezölle bis zum 15. August d. J.
in Kraft dleibt.