Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierzehnter Jahrgang. 1898. (39)

Italien. (November 18. — Dezember 15.) 301 
18. November. Das deutsche Kaiserpaar trifft in Messina ein. 
23. November. (Kammer.) Schatzminister Vachhelli gibt 
das Finanzexposee. 
Das Jahr 1897/98, führt er aus, habe mit einem Defizit von nur 
etwa einer Million abgeschlossen, trotz der durch die Unruhen im Mai ver- 
ursachten Ausgaben und des Ausfalls in den Getreidezöllen. Für das 
Jahr 1898 99 werde ein Defizit von rund 14½ Millionen und für das 
Jahr 1899/1900 ein solches von 31½ Millionen vorgesehen, welche durch 
den Bau von Eisenbahnen und die Kapitalbewegung verursacht werden. 
Diese 46 Millionen Defizit würden gedeckt werden durch die Einnahmen 
aus den durch die Finanzmaßnahmen vom Jahre 1894 genehmigten Ope- 
rationen mit den tilgbaren Schulden und durch einen Teil der Beträge, 
welche dem Staate aus dem Vermögen der verbotenen Religionsgesellschaften 
zufließen. Angesichts des Stondes der schwebenden Schuld, welcher auf 
560 Millionen zu schätzen ist, werde es erforderlich sein, die Schatzbonds 
zu vermindern und die ordentlichen Vorschüsse an die Emissionsbanken zu 
beschränken, um dadurch auch den Papiergeldumlauf zu verringern, der eine 
der Ursachen der Erhöhung des Wechselkurses sei. Er werde die Umwand- 
lung eines Teiles der Schatzbonds in 4½prozentige Konsols in Vorschlag 
ringen. 
24. November. (Rom.) Zusammentritt der Antianarchisten- 
konferenz. Canevaro führt den Vorsitz. 
28. November. (Kammer.) Canevaro fordert die Gewährung 
eines unverzinslichen Darlehns von 1 Million Francs an die 
provisorische Regierung von Kreta. 
In der Begründung wird gesagt: Das von den Mächten auf Kreta 
unternommene Werk der Pazifikation ist von einem glücklichen Erfolge ge- 
krönt worden. Die türkischen Truppen haben die Insel geräumt, und die 
ottomanische Zivilgewalt hat ihre Funktionen eingestellt. Die Zivil= und 
Militärverwaltung befindet sich heute in den Händen der Admirale der 
internationalen Geschwader. Es soll alsbald eine provisorische Regierung 
eingesetzt werden, deren Spitze Prinz Georg von Griechenland sein wird, 
der als Beauftragter der vier Mächte mit der Eigenschaft des Oberkommissars 
betraut ist. Die finanziellen Verhältnisse der Insel sind infolge der langen 
Unruhen so schwierig geworden, daß kaum die dringendsten Bedürfnisse der 
neuen Verwaltung bestritten werden können. Deshalb haben die vier Mächte 
beschlossen, der provisorischen Regierung die Summe von 4 Millionen Francs 
vorzustrecken. Hiervon entfällt der vierte Teil auf die italienische Regierung, 
wofür sie sich nur unter der ausdrücklichen Reserve der parlamentarischen 
Bewilligung verbindlich machen konnte. Das Parlament wird deshalb er- 
sucht, dem Gesetzentwurf die Zustimmung zu erteilen, daß die königliche 
Regierung ermächtigt werde, der provisorischen Regierung von Kreta, unter 
dem Titel eines zeitweisen Darlehens, ohne Zinsen, die Summe von 
1 Million Francs zu überantworten, welche später dem italienischen Staats- 
schatze zurückzugeben ist. 
Am 5. Dezember genehmigt die Kammer den Kredit, am 12. der Senat. 
15. Dezember. (Kammer.) Canevaro über Erythräa. 
Bei der Beratung des Budgets des Ministeriums des Auswärtigen 
führt der Minister Canevaro aus: Italien stehe in den besten freundschaft- 
lichen Beziehungen zu Menelik, bei dem es einen Vertreter habe, der fort-
	        
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