Kußland. (März 9. 18.) 319
nehmen. In allerbesten Beziehungen wie zur Türkei so auch zu denjenigen
europäischen Mächten verbleibend, welche sich nicht sympathisch zu Rußlands
Vorschlägen verhielten, versäumte Rußland nicht, die europäischen Re-
gierungen zu benachrichtigen, daß es die Verantwortlichkeit von sich ab-
lehnt für alle ungünstigen Folgen, welche nach seiner Meinung durch
weitere Verschleppungen in der Lösung der kretischen Frage entstehen
können, und daß es zur gewaltsamen Einsetzung eines Generalgouverneurs
unter keinen Umständen eine Vermehrung der türkischen Truppen auf der
Insel zulassen und in keinem Falle an irgend welchen Zwangsmaßregeln
gegen die kretische Bevölkerung teilnehmen wird, die schon so lange geduldig
der definitiven Entscheidung ihres Geschickes harrt.
9. März. (Petersburg.) Ukas und Handschreiben des
Kaisers an den Finanzminister über die Verstärkung der Flotte
und die Finanzlage.
In dem Ukas wird befohlen, da es notwendig erscheine, die Kriegs-
flotte zu verstärken, unabhängig von der bereits erfolgten Erhöhung der
Anweisungen für die ordentlichen Ausgaben des Marine-Ministeriums in
den Jahren 1898 bis 1904, gegenwärtig aus den freien Barbeständen der
Reichsrentei 90 Millionen Rubel für Schiffsbauten abzulassen, unter
Registrierung dieser Summe als überbudgetäre Ausgabe in dem Abschnitt
„Außerordentliche Ausgaben“ des Reichsbudgets für das laufende Jahr.
Das Handschreiben lautet: Durch den gleichzeitig hiermit erlassenen kaiser-
lichen Ukas habe Ich Ihnen anbefohlen, 90 Millionen Rubel für die Be-
dürfnisse des Kriegsschiffbaues abzulassen. Die Möglichkeit der einmaligen
Assignierung einer solch großen Summe, ohne zum Abschlusse einer An-
leihe schreiten zu müssen, veranlaßt mich zu gedenken, daß der gegenwärtigen
Assignierung Zahlungen aus dem freien Barbestand der Reichsrentei in
sehr beträchtlicher Höhe für andere außerordentliche Ausgaben voraus-
gegangen fsind. Während der Verwaltung des Finanzministeriums durch
Sie überstiegen die Eingänge an ordentlichen Einnahmen die Summe der
ausgeführten ordentlichen Ausgaben um mehr als 600 Millionen Rubel.
In Folge dessen wurden, ohne an die Hilfsquellen des Reichskredits zu
appellieren, ein großer Teil der außerordentlichen Ausgaben ausgeführt,
darunter für den Bau der großen sibirischen Eisenbahn und anderer Eisen-
bahnen sowie für die Auszahlung eines bedeutenden Teiles der Schuld der
Krone an die Reichsbank zum Zwecke der Eröffnung des Umtauschs der
Kreditbillets für die Durchführung der Geldreform. Nach Ausführung der
erwähnten Ausgaben stellten sich die freien Mittel der Reichsrentei zum
1. Januar 1898 nach annähernder Zählung auf ca. 200 Millionen Rubel,
wovon 106 Millionen für Deckung der außerordentlichen Ausgaben des
Jahres 1898 bestimmt sind. Nach alledem verbleiben genügende Mittel
zur Ausführung der oben erwähnten außerordentlichen Ausgaben für den
Schiffsbau. Diese Sachlage überzeugt Mich, daß Sie die Weisungen
Meines in Gott ruhenden Vaters und Meine eigenen wegen Beobachtung
der notwendigen Sparsamkeit in der Finanzwirtschaft des Reiches befolgen.
Indem Ich Ihnen anbefehle, auch künftig beharrlich Oekonomie in den
Reichsausgaben walten zu lassen zur völligen Wahrung des Budgetgleich-
gewichts, in welcher die Ftüt der Macht und des Wohlstandes unseres
Reiches liegt, verbleibe Ich Ihr Ihnen unverändert wohlgeneigter und
dankbarer Nikolai.
18. März. (Petersburg.) Über die Vorgänge in Korea
(s. Afien) sagt der „Regierungsbote":