Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierzehnter Jahrgang. 1898. (39)

Nordemerika. (Ende Okltober — November 8.) 357 
Er sagt u. a.: Wir haben der Versuchung widerstanden, Eroberungen 
vom Standpunkt des Gewinnes zu betrachten, wir stehen aber in diesem 
Augenblicke neuen und ernsten Problemen gegenüber. Wir müssen die 
Thatsache anerkennen, daß ihre Lösung nicht allein uns, sondern andere 
Schwesternationen berührt. In unserer Zeit des regen Verkehrs und der 
gegenseitigen Abhängigkeit können wir unsere Verantwortlichkeit nicht von 
uns abwälzen, selbst wenn wir es möchten. Wir müssen sie mutig und 
weise tragen und die Bahnen der Pflicht wandeln, wäre auch der Wunsch 
dem entgegen. Keine Erwägung kann gründlich genug sein, keine Selbst- 
beherrschung zu beständig in dieser heiligen Stunde unserer Geschichte. 
Wir müssen die Versuchung ungehöriger Aggression vermeiden und nur 
solche Resultate zu erreichen streben, welche unseren und den allgemeinen 
Nutzen zu fördern vermögen. Wir haben niemals eine militärische Regung 
besessen. Friede, dessen Segnungen uns so reichlich zu teil geworden find, 
ist der Wunsch unserer Nation und das Ziel amerikanischer Bestrebungen. 
Der Sturm brach so plötzlich aus, daß er da war, ehe wir noch zur Be- 
sinnung kamen. Der Sieg wurde früher erreicht, als wir es für möglich 
hielten. Die Menschlichkeit unserer Ziele und die Hochherzigkeit unseres 
Benehmens haben dem Kriege, welcher stets entsetzlich bleibt, Züge von 
Edelmut und christlicher Liebe mitgeteilt. Sie haben ein Beispiel mensch- 
lichen Hochfinns gegeben, welches der Menschheit nicht verloren gehen kann. 
Leidenschaft und Erbitterung lagen nicht in unseren Motiven. Der Glaube 
einer christlichen Nation erkennt die Hand des allmächtigen Gottes in der 
eben bestandenen Feuerprobe. Die Gnade Gottes war überall ersichtlich. 
Er hat uns reichlich gesegnet. Wir haben den Krieg nicht gesucht und 
ebensowenig die Fragen, welche sein Ergebnis uns aufgedrungen hat. Diese 
Probleme werden nicht in einem Tage gelöst werden. Geduld ist nötig, 
Geduld, verbunden mit Aufrichtigkeit des Vorsatzes und unerschütterlichem 
Entschluß, recht zu thun, nur das Beste der Nation im Auge zu haben und 
kein anderes Gebot zu kennen, als das der Pflicht. 
Ende Oktober. Veröffentlichung der amtlichen Verlustlisten 
im Kriege. 
Im ganzen sind etwa 275000 Mann zu Lande und zu Wasser ver- 
wendet worden. Davon find tot 2910, wovon 1465 an Krankheiten ge- 
storben find. — Die Marine hal im ganzen 16 Tote und 74 Verwundete, 
die sämtlich am Leben geblieben sind (z. B. bei Cavite 9 Verwundete, bei 
Santiago 1 Mann tot, 11 verwundet, bei Guantanamo 6 Mann tot). 
Oktober—Dezember. Friedensverhandlungen mit Spanien 
in Paris. S. Frankreich. 
8. November. Wahlen zum Repräsentantenhause und zum 
Senat. 
Die Neuwahlen für das Repräsentantenhaus ergeben 183 Repu- 
blikaner, 164 Demokraten, 10 Populisten und Silberleute. Bisher besaßen 
die Republikaner 204, die Opposition 153 Sitze. Im Senat wird eben- 
falls eine republikanische Majorität gewählt. Das neugewählte Haus tritt 
Ende 1899 zusammen. — In 33 Legislaturen der Einzelstaaten, die eben- 
falls neu gewählt werden, siegen in den meisten die Republikaner. 
Anf. November. In mehreren Staaten, z. B. Texas, Ala- 
bama, Mississippi, finden Schlägereien zwischen Weißen und Negern 
statt, bei denen viele Neger getötet werden.
	        
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