362 Mitlel= und Süd-Anerika. (Juli 3.—28.)
3. Juli. (Kuba.) Kämpfe bei Santiago, Vernichtung der
spanischen Flotte.
Während ein heftiger Kampf zu Lande stattfindet, in dem die Ame-
rikaner wenig Erfolge erringen, versucht der Admiral Cervera mit der
Flotte den Hafen zu verlassen, anscheinend um nicht im Hafen wehrlos
zusammengeschossen zu werden und in der Hoffnung, mit seinen Schiffen.
die für schneller als die amerikanischen gelten, zu entkommen. Trotzdem
die Amerikaner von dem Ausbruch überrascht werden, holen sie die spa-
nischen Schiffe bald ein und vernichten sie mit ihrer überlegenen Artil-
lerie vollständig. Die Spanier müssen sich fast ohne Widerstand in den
Grund bohren lassen.
Der spanische Kommandant von Santiago Torral lehnt eine Auf-
forderung zur Kapitulation ab. 18000 Civilisten und Fremde verlassen
ie Stadt.
Anf. Juli. Revolution in Uruguay.
6. Juli. (Kuba.) General Blanco erläßt folgende Pro-
klamation:
Einwohner der Insel Cuba! Nicht immer folgt das Glück der
Tapferkeit. Das vom Kontreadmiral Cervera befehligte Geschwader hatte
die größte Heldenthat verübt, welche die Annalen der spanischen Marine
in diesem Jahrhundert zu verzeichnen gehabt haben. Das Geschwader hat
gegen eine dreifach größere Uebermacht zu kämpfen gehabt. Es ist ruhm-
reich untergegangen. Der Schlag ist hart, aber es wäre unter der Würde
spanischer Herzen, einen Augenblick zu wanken in der Verteidigung unserer
gerechten Sache. Wenn wir alle vereinigt find in der heiligen Sache der
Verteidigung unseres Vaterlandes, wenn wir Gut und Blut in den Tagen
des Unglücks opfern, so steht die Tugend des Volkes zum mindesten rein
und unbefleckt da. Wollen wir Beweise ablegen, daß das spanische Volk
diese Tugend besitzt? In diesem hochernsten Augenblick müssen wir der
ganzen Welt zeigen, daß unser Geist nicht durch Unglücksfälle gebeugt
wird, und daß wir Mut genug haben, dem Unglück zu trotzen und zu
kämpfen, bis wir das widrige Schicksal gebeugt haben. Wir haben Kraft
genug dazu.
14. Juli. (Kuba.) Santiago kapituliert.
Nachdem noch mehrere Beschießungen stattgefunden haben, ergibt
sich Torral, da seine Soldaten erschöpft sind. — Die Spanier haben nicht
nur diese Stadt, sondern auch die ganze Provinz mit Ausnahme der Stadt
Holguin, in der 10000 Mann spanische Besatzung liegt, zu übergeben.
Die übrigen spanischen Besatzungen der Provinz begeben sich nach Santiago
und strecken hierbei die Waffen. Sie werden zusammen mit der entwaffneten
Besatzung Santiagos — zusammen gegen 24000 Mann — von den Ame-
rikanern in ihre Hiimat hinübergebracht. Der spanische Kommandant in
ermächtigt, die militärischen Archive des den Amerikanern übergebenen Ge-
bietes mit sich zu nehmen. Den Freiwilligen, Nationalgarden und Guer-
rillas wird erlaubt werden, auf Cuba in Freiheit zu bleiben, unter der
Verpflichtung, daß sie für die Dauer des Krieges ihre Waffen ausliefern.
Die spanischen Truppen werden Santiago mit militärischen Ehren ver-
lassen. — Die relativ günstigen Bedingungen sind erzwungen durch die
ungünstige Lage der amerikanischen Landtruppen, die vom gelben Fieber zu
leiden haben.
28. Juli. (Porto Rico.) Kapitulation der Stadt Ponce.