Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierzehnter Jahrgang. 1898. (39)

Nebersicht der politischen Entwickelung des Jahres 1898. 387 
praktischen Erfolg erzielte. Diese Stärkung des deutschen Ansehens 
soll, wie gehofft wird, wirtschaftlichen Unternehmungen zu gute 
kommen. — Mit England soll eine Verständigung in Kolonial= 
fragen getroffen worden sein, doch ist keine zuverlässige Nachricht 
hierüber bekannt geworden. — Im spanisch-amerikanischen Kriege 
wahrte Deutschland, wie erwähnt, streng Neutralität; die zwischen 
dem Deutschen Reiche und Nord-Amerika bestehenden wirtschaft- 
lichen Differenzen — die Erhöhung des amerikanischen Zolltarifs, 
die Uberwachung der Einfuhr amerikanischen Fleisches und Obstes 
in Deutschland — machten sich zwar in heftigen Angriffen ameri- 
kanischer Blätter gegen angebliche ÜUbergriffe Deutschlands im Phi- 
lippinenkriege Luft, aber die staatlichen Beziehungen verschlechterten 
solche Polemiken nicht, da die deutsche Regierung die Grundlosig- 
keit solcher Beschuldigungen leicht erweisen konnte. 
Im Innern stand der Jahresanfang unter dem Zeichen des neichs- 
Kampfes um die Verstärkung der Flotte. Wie im vorigen Jahr- tas. 
gang ausgeführt worden ist, hat nichts die öffentliche Meinung 
während der letzten Jahre stärker und dauernder bewegt als diese 
Frage, und das Ergebnis dieser gründlichen öffentlichen Diskussion 
war, daß der Reichstag die Forderungen der Regierung mit statt- 
licher Majorität in vollem Umfange bewilligte (S. 80). Das Ge- 
setz stellt bestimmte Grundsätze über die Stärke der deutschen Flotte 
fest und gibt bindende Vorschriften, nach denen der Schiffsbestand 
allmählich erneuert werden muß, so daß eine gesicherte Weiterent- 
wicklung der Flotte verbürgt ist. — Auch in der wichtigen und 
vielumstrittenen Frage der Reform des Militärstrafprozesses gelang 
es, eine Einigung zwischen den Bundesregierungen und dem Reichs- 
tage herbeizuführen. Die Schwierigkeit lag hier namentlich darin, 
daß Bayern zu Gunsten der Einheitlichkeit auf einige Besonder- 
heiten seiner militärischen Rechtspflege verzichten mußte, wozu die 
Mehrheit des bayerischen Landtags wenig geneigt war (S. 128). 
Durch Entgegenkommen gegen bayerische Wünsche ist es jedoch ge- 
lungen, auch diese Schwierigkeit zu heben (S. 176). — Von den 
übrigen Reichsgesetzen ist namentlich die im vorigen Jahre ver- 
gebens geforderte Erweiterung der Subvention für überseeische 
Postdampfer erwähnenswert, sowie die anderweite Festsetzung des 
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