Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierzehnter Jahrgang. 1898. (39)

Nebersicht der yolitischen Entwichelung des Jahres 1898. 397 
In den Niederlanden haben die Liberalen mit der Ein-ANieder- 
führung der persönlichen Dienstpflicht einen Sieg über die Kleri, 
kalen davongetragen. Das Gesetz ist noch weit entfernt von der 
allgemeinen Wehrpflicht, hebt aber die Stellvertretung auf und 
gewährt so die Möglichkeit, das niederländische Heer aus besseren 
Elementen als bisher zu rekrutieren. — Die Thronbesteigung der 
jungen Königin Wilhelmine gab den Niederländern Gelegenheit 
zu prunkvollen Kundgebungen dynastischer Anhänglichkeit. 
In Dänemark hat bei den Neuwahlen zum Folkething die 
konservative Partei eine herbe Niederlage erlitten und der radikale 
Flügel eine große Majorität errungen. Der langjährige Hader 
zwischen Regierung und Volksvertretung taucht wieder auf, da die 
Regierung für die Befestigung von Kopenhagen mehr aufgewendet 
hat als vom Folkething bewilligt worden war. 
Däne- 
mark. 
In Skandinavien dauert der Bruderzwist fort; er hat sich Schwe- 
en und 
in den letzten Monaten sogar verschärft, dadurch daß die Norweger ben ur 
endlich einen ihrer Lieblingswünsche, die Führung der reinen nor= wegen. 
wegischen Flagge ohne Unionsabzeichen erreicht haben. Die im 
Jahr 1895 eingesetzte Kommission, die einen Ausgleich zwischen 
den schwebenden Streitfragen finden sollte, ist ohne Resultat aus- 
einandergegangen. 
Rußlands Stellung in der auswärtigen Politik hat sich 
nicht geändert; wie in den letzten Jahren hat es auf dem Balkan 
alle Stürme zu beschwören gesucht und in Ostasien hat es emsig 
an der Verstärkung seines Einflusses und am Ausbau der sibirischen 
Bahn gearbeitet. — Der Vorschlag des Zaren auf Beschränkung 
der militärischen Rüstungen hat in allen Ländern große Beachtung 
gefunden; über seine praktische Bedeutung läßt sich noch nichts 
sagen, da die vorgeschlagene Konferenz noch nicht zusammen- 
getreten ist. Rußland selbst hat einstweilen den Anfang mit Ver- 
minderung der Rüstungen noch nicht gemacht, es hat vielmehr seine 
Wehrkraft wesentlich verstärkt (S. 317, 19, 25). — Im innern hat 
die agrarische Notlage der Regierung viele Schwierigkeiten bereitet, 
so daß von manchen Seiten der Abrüstungsvorschlag auf die Not- 
wendigkeit, der ländlichen Bevölkerung finanziell zu Hilfe zu kommen, 
zurückgeführt worden ist. 
Ruß- 
land.
	        
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