Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 16.) 77
Herrn Vorredner dankbar, daß er sich auf diese wenigen Worte beschränkt
und die Frage des Reservatrechts nicht in die Debatte gezogen hat. Denn
ich war im Begriff, den Reichstag zu bitten, von der Beratung eines
obersten Landes-Militärgerichts für Bayern absehen zu wollen, da, wie
Sie wissen, Meinungsverschiedenheiten bestehen, die noch nicht aus-
geglichen sind. Was nun die Voraussetzung des Herrn Vorredners an-
betrifft, so kann ich dieselbe bestätigen: der Artikel 33 des Einführungs-
gesetzes ist aus dem Bestreben hervorgegangen, die Frage noch offen zu
halten und noch res integra zu lassen, bis eine Verständigung stattgefunden
haben werde. Diese Verständigung ist angebahnt durch Verhandlungen
zwischen Seiner Majestät dem Kaiser und Seiner Königlichen Hoheit dem
Prinz-Regenten von Bayern. Gelingt diese Verständigung — und ich
habe keinen Grund, daran zu zweifeln, daß sie gelingt —, so würde die
Regelung der Angelegenheit keinen Schwierigkeiten begegnen. Es würde
sich aber zu gleicher Zeit empfehlen, das Ergebnis dieser Verhandlungen
abzuwarten. Der § 33 bietet eben die Möglichkeit, die ganze Frage bei
der Beratung der jetzigen Vorlage auszuscheiden. Es dürfte das auch schon
der Rücksicht für die beiden beteiligten Souveräne entsprechen.
Das Einführungsgesetz wird darauf angenommen, ebenso ohne jeg-
liche Debatte der Gesetzentwurf, betreffend die Dienstvergehen der richter-
lichen Militärjustizbeamten und die unfreiwillige Versetzung derselben in
eine andere Stelle oder in den Ruhestand.
16. März. (Reichstag.) Beratung der Budgetkommission
über die Deckung der Kosten der Flottenvorlage. Erklärung Posa-
dowskys.
Die Abgg. v. Bennigsen (nl.) und Lieber (Z.) beantragen, fol-
genden Paragraphen in das Gesetz aufzunehmen:
Soweit die Summe der fortdauernden und einmaligen Ausgaben
der Marineverwaltung in einem Etatsjahr den Betrag von 117525494 ℳ
übersteigt und die dem Reiche zufließenden eigenen Einnahmen zur Deckung
des Mehrbedarfs nicht ausreichen, darf der Mehrbetrag nicht durch Er-
höhung oder Vermehrung der den Massenverbrauch belastenden indirekten
Reichssteuern gedeckt werden.
Staatssekretär Graf Posadowsky: Auf Grund übereinstimmender
Erklärungen der einzelnen Bundesregierungen bin ich in der Lage, folgendes
hier zu erklären: Sollte die Ausführung des Gesetzes über die Flotte die
Erhöhung bestehender oder die Einführung neuer Landessteuern in den
Einzelstaaten notwendig machen, um den erhöhten Anforderungen des Reiches
zu genügen, so werden die Einzelregierungen ihrerseits darauf Bedacht
nehmen, bei einer derartigen finanziellen Maßregel die stärkeren Steuer-
kräfte heranzuziehen. — Der Antrag wird gegen vier Stimmen ange-
nommen.
Damit gilt in der Presse die Annahme der Flottenvorlage als
gesichert.
16. März. (Lippe-Detmold.) Der Landtag beschließt mit
großer Mehrheit, daß beim Hinscheiden des Graf-Regenten dessen
ältester Sohn die Regentschaft übernehmen solle.
März. Wahlaufruf. Sammlung und Gegensammlung.
In der Presse und Versammlungen der konservativen und Mittel-
parteien wird viel über einen Zusammenschluß von Industrie und Land-